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[Wissenschaft] Menschliche Embryonen mit drei Eltern

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Ungelesen 16.04.10, 15:19   #1
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Standard Menschliche Embryonen mit drei Eltern

Zitat:
Wissenschaftler experimentieren mit einer Methode für spezielle Gentherapien - Dafür wird das Erbgut von drei Menschen benötigt.

Newcastle upon Tyne - Jeder Mensch bekommt sein Erbgut von zwei Individuen, einen halben Chromosomensatz vom Vater, einen halben von der Mutter. Beide Hälften vereinigen sich im Zellkern. Forscher der Newcastle University haben jetzt menschliche Embryonen "gebastelt", die Erbgut von drei Elternteilen besitzen. Das Ziel der Engländer war keine Spielerei, sondern die prinzipielle Machbarkeit einer neuen Methode zur Behandlung von Erbkrankheiten aufzuzeigen.


Douglass Turnbull und seine Arbeitsgruppe wandten eine besonders schonende Methode an, um Kerne einer Eizelle in eine andere Eizelle zu verpflanzen. Das Prinzip dieser Technik ist nicht neu, es ist zur Grundlage nahezu aller Klonierungsexperimente der vergangenen Jahre geworden. Turnbull ging es darum, die Kerne mit möglichst wenig anhaftendem Zytoplasma aus den Spenderzellen zu entnehmen. Dadurch wollte er vermeiden, dass gemeinsam mit den Kernen weitere Zellbestandteile auf die Empfängerzelle transferiert werden.

Dabei geht es insbesondere um Mitochondrien. In diesen Organellen, den "Organen" der Zellen, findet die Verbrennung der Nahrung statt. Das heißt, dort gewinnt die Zelle über komplexe Stoffwechselwege jene Energie, die sie für ihre Lebensfunktionen braucht. Die genetischen Anweisungen dafür befinden sich im Mitochondrium selbst, das Organell besitzt also unabhängig vom Zellkern sein eigenes Erbgut, das Biologen als mtDNA bezeichnen.

Mitochondrien werden nur von der mütterlichen Seite über die Eizellen auf den Nachwuchs vererbt. Väterliche Spermien tragen keine Mitochondrien bei. Wie in der Kern-DNA treten auch in der mtDNA Mutationen auf. Dadurch können äußerst wichtige Stoffwechselvorgänge gestört sein, die entsprechend schwere Erbkrankheiten nach sich ziehen. Zu diesen als Mitochondropathien bezeichneten Krankheiten gehören eine Degeneration des Sehnervs im dritten Lebensjahrzehnt, die zu Sehproblemen führt, Störungen der Hirnentwicklung mit Konsequenzen bis zur einer Demenz und weitere schwere Behinderungen.

Etwa einer unter 10 000 Menschen leidet unter einer Mitochondropathie, und diese Erkrankungen sind kaum behandelbar. Ist nach der Familiengeschichte ein erhöhtes Risiko für eine Mitochondropathie bei einem Kind zu erwarten, dann wäre der gangbarste Weg, die mutierten beziehungsweise kranken Mitochondrien in einer Eizelle durch gesunde auszutauschen.

Das bedeutet tiefreichende Eingriffe in das Erbgut und ist letztlich eine medizinische Gentherapie. Genau das haben Turnbull und Mitarbeiter gemacht, sie ließen ihre Embryonen allerdings nicht ausreifen. Die Engländer arbeiteten mit Vorkernen, das heißt, sie führten eine Befruchtung im Reagenzglas aus und entnahmen der Eizelle dann den väterlichen und den mütterlichen Kern, bevor beide sich zu dem endgültigen Zellkern vereinigen konnten. Beide Vorkerne wurden dann in eine Empfängereizelle transplantiert, die keinen Kern mehr enthielt, sondern nur noch ihre eigenen Mitochondrien mit deren Erbgut.

Die resultierenden Embryonen enthielten somit das Erbgut von drei Elternteilen, von Vater und Mutter die Kern-DNA und von einer fremden Spenderin die mtDNA. Die Embryonen entwickelten sich völlig normal bis zum Blasenkeimstadium, dann wurden sie abgetötet. Die Erfolgsquote war sehr hoch. Nur in rund zwei Prozent der Fälle wurden mit den Vorkernen auch Mitochondrien in die Spendereizelle verschleppt. "Der Transfer von Zellkernen aus menschlichen Eizellen hat das Potenzial, durch mtDNA verursachte Krankheiten auf genetischem Niveau zu 'behandeln'", schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe von "Nature".

Jede Eizelle enthält mehrere Mitochondrien, die auf die folgende Generation vererbt werden. Im mitochondrialen Erbgut ereignen sich deutlich mehr Mutationen als im Erbgut des Kerns. Da sich in einer Körperzelle je nach Zelltyp einige Hundert bis einige Tausend Mitochondrien befinden, können Ausfälle in einzelnen Organellen lange aufgefangen werden. Erst wenn 60 Prozent oder mehr Mitochondrien durch Mutationen ausfallen, treten Krankheitserscheinungen auf. Die Gefahr steigt mit der Anzahl der von vornherein mutierten Mitochondrien, die ein Mensch von seiner Mutter geliefert bekommt.

Individuen mit mehr als zwei Elternteilen sind nichts Ungewöhnliches mehr, seit Biologen mit dem Erbgut experimentieren. Schon Dolly, das Schaf, das 1996 im Roslin Institute im schottischen Edinburgh geboren wurde, hatte drei Eltern. Die Genetiker um Ian Wilmut hatten Zellkerne aus dem Euter eines erwachsenen Schafs entnommen und in die entkernten Eizellen eines zweiten Schaf verpflanzt. Die Kerne des Spenderschafs enthielten je zur Hälfte Erbgut seines Vaters und seiner Mutter, in der entkernten Empfängereizelle waren immer noch die Mitochondrien mit ihrem Erbgut von einem dritten Schaf.

Die von Wilmut angewandte Methode ist zum Standard in der Klonierung geworden. Alle auf diese Weise erzeugten Individuen tragen genau genommen das Erbgut von drei Eltern in sich. Die Experimente von Turnbull sind bislang noch Grundlagenforschung. Sollten sie einmal gentherapeutische Praxis werden, dann wird diese Praxis in Deutschland zumindest nach den heute geltenden Gesetzen nicht erlaubt sein. Um sicherzugehen, dass beim Kerntransfer keine Mitochondrien in die Empfängereizelle verschleppt wurden, haben die Forscher Prüfungen durchgeführt. Da man die behandelten Eizellen für eine vollständige Entwicklung einer Frau einpflanzen müsste, wären die Prüfungen in diesem Fall als Präimplantationsdiagnostik zu bewerten. Ein solcher Test eines Embryos auf Erbgutschäden aber ist in Deutschland kategorisch verboten.
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