28.03.21, 05:55
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Neue Clearingstelle: Provider könnten jährlich bis zu 250 Domains sperren
Zitat:
Die großen Internetprovider in Deutschland haben sich auf die Sperre des illegalen Streaminganbieters Serienstream.sx geeinigt. Die Sperre basiert auf einer Empfehlung der neu eingerichteten Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII), die gemeinsam von Providern und Rechteinhabern gegründet wurde. Die Stelle soll "nach objektiven Kriterien" prüfen, ob die Sperrung des Zugangs einer "strukturell Urheberrechtsverletzenden Webseite" (SUW) rechtmäßig ist.
An der CUII sind die fünf Provider Deutsche Telekom, Vodafone, 1&1, Telefónica und Mobilcom-Debitel beteiligt. Zu den acht Rechteinhabern gehören der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der Bundesverband Musikindustrie, die Deutsche Fußball-Liga, der Verband der deutschen Games-Branche (Game), die Motion Picture-Association (MPA), der Fernsehsender Sky, der Verband STM und der Verband der Filmverleiher.
Dreiköpfiger Prüfausschuss
Den Angaben zufolge prüft ein Ausschuss auf Antrag der Rechteinhaber und empfiehlt bei Vorliegen der Voraussetzungen eine DNS-Sperre. Die Empfehlung des Prüfausschusses erfolge jeweils einstimmig und nur bei eindeutigen Urheberrechtsverletzungen. Die Empfehlung werde anschließend noch von der Bundesnetzagentur (BNetzA) geprüft. "Ergibt die Prüfung durch die Bundesnetzagentur, dass eine DNS-Sperre unter den Maßgaben der Netzneutralitätsverordnung unbedenklich ist, teilt die CUII dies den Internetzugangsanbietern und den Antragstellern mit", heißt es weiter.
Die Clearingstelle basiert auf einem 24-seitigen Verhaltenskodex (PDF) der Beteiligten. Demnach gehören dem Prüfausschuss drei Personen mit der Befähigung zum Richteramt an. Diese werden jeweils von den Providern, den Rechteinhabern und aus einem Pool "unabhängiger Prüfer" bestimmt. Die Zahl der Prüfungsanträge ist auf 200 pro Jahr begrenzt. Wird diese Zahl im ersten Jahr nicht ausgeschöpft, könnten im kommenden Jahr sogar 250 Domains gesperrt werden.
"Den Vorsitz des Ausschusses haben jeweils renommierte pensionierte Richter des Bundesgerichtshofes, die mit der Materie rechtlich und technisch vertraut sind", teilte die CUII mit (PDF).
Auch legale Inhalte können blockiert werden
Die Sperre einer Webseite umfasst demnach sowohl die eigentliche Domain als auch weitere Domains und Mirror-Domains. "Legale Inhalte, die auf einer SUW auch öffentlich wiedergegeben werden, stehen einer Einordnung als SUW nicht entgegen, wenn es sich in Bezug auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt", heißt es. Die Sperre über die CUII sei nur möglich, "wenn die Unterbindung der Urheberrechtsverletzung durch die Inanspruchnahme des Betreibers der verletzenden Webseite oder dessen Hosting-Dienstes erfolglos geblieben ist oder erkennbar keine Aussicht auf Erfolg hat".
Die Bundesnetzagentur begrüßte in einer Mitteilung (PDF) den Start der Clearingstelle: "Das neue Verfahren hilft, langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden, auf die Rechteinhaber bislang angewiesen sind. Die Bundesnetzagentur leistet ihren Beitrag, um die Vorgaben zur Netzneutralität zu sichern", sagte Behördenchef Jochen Homann. Ähnlich äußerte sich das Bundeskartellamt in einer Stellungnahme (PDF).
Keine Kooperation bei Pornoseiten
Der betroffene Streamingdienst hat auf die Entscheidung ebenfalls schon reagiert. "Wir sind ab sofort nur noch unter der neuen Domain Serien.sx erreichbar. Da Internetprovider wie 1&1, Telekom & Vodafone kein Interesse an Meinungsfreiheit und der freien Meinungsäußerung haben, wird Serienstream.sx und S.to nun mittels DNS Sperre blockiert", hieß es auf deren Internetseite. Es dürfte jedoch nicht mehr lange dauern, bis die neuen Domains ebenfalls blockiert werden.
Bei der geplanten Sperrung von Pornoseiten haben sich die Provider zuletzt weniger kooperativ gezeigt. Entsprechende Forderungen der Landesmedienanstalten zum Jugendschutz wurden im September 2020 zurückgewiesen. Vodafone bezog sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Störerhaftung und Internetsperren aus dem November 2015. In diesem Fall ging es um den Zugang zu illegalen Musikangeboten. Der BGH-Entscheidung zufolge ist eine Störerhaftung der Zugangsanbieter an die Verhältnismäßigkeit gebunden. Der Rechteinhaber muss zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen haben, direkt gegen die Betreiber der illegalen Angebote und die Host-Provider vorgegangen zu sein.
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Golem
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