Ich finde es gut, dass ich Jugendliche mit dem Thema auseinandersetzen und versuchen darauf aufmerksam zu machen. Warum das passiert, weiß ich nicht. War das Them vom Wettbewerb vorgegeben, habt ihr persönlich damit zu tun gehabt (Opfer oder Täter, und ich bezweifle, dass es niemanden gibt, der je in einer Täterrolle war) oder war es nur ein Eye-Catcher, um Quote mit dem Thema zu machen? Das ist nicht böse gemeint, aber es hat für mich so einen RTL-Exklusiv-Charme.
Mein größtes Problem ist, dass euer Mobbing eigentlich nur einen sehr geringen Anteil vom Mobbing abdeckt. Denn ihr seid viel zu physisch gewalttätig fixiert. Das große Problem beim Mobbing ist, dass man die Täter anfangs kennt, sie aber alles andere als als einzelne Person auszumachen sind. Es ist die anonymisierte Masse, die sich einem in den Weg stellt. Sie machen das durch gezielte isolierende Faktoren. In eurem Falle hätte man sich gezieltere Aktionen suchen müssen, die auch im Schulbereich anzufinden sind: Ausschluss aus Schulhofgruppen, Sport, Partys, gezieltes Übergehen beim Austeilen von Büchern, Kopien, Informationen allgemein, Manipulieren persönlicher Gegenstände - Kopien zerreissen, Kulis/Füller unbrauchbar machen, Tinte/Farbe im Rucksack auskippen, wenn er nicht hinsieht, sich am Fahrradreifen zu schaffen machen, gern auch an der Gangschaltung oder der Bremse, bei der Lehrerschaft durch gezielte falsche Gerüchte in Verruf bringen, dito bei Schülerschaft anderer Jahrgänge.
So ein bisschen rumschubsen, glaub mir, das ist kein Mobbing. Das kann einen Irre machen, aber es ist kein Mobbing. Das ist einfach nur forcierte Schulgewalt und ein komplett anderes Thema. Gegen Gewalt, wie ihr sie gezeigt habt, kann man was machen. Beim Mobbing ist gerade die komplette Ohnmacht das gefährliche.
Ich stimme nur zum Teil damit überein, dass die Täter auch Opfer sind. Psychologisch für mich nur in dem Sinne, dass jeder ein "OPFA!" ist, der sein eigenes Selbsbewusstsein darauf begründet, wie sehr er es anderen schwer machen kann. Komplett am Leben vorbei.
Mobbings größter Charme ist die Anonymität auf der einen Seite und die Gruppenzugehörigkeit auf der anderen. Es gehört nicht viel dazu in einer gesichtslosen Masse etwas zu verbrechen. Die Tat wird unpersönlich, weil man nicht aus tiefsten inneren Beweggründen gegen eine Person handelt, sondern einfach, weil man es kann. Mal probieren, wie es ist. Die anderen machen's ja auch. Ergo kann es ja nicht falsch sein, klingt komisch ist aber ein nicht zu unterschätzender psychodynamischer Faktor. Egal was die Rationalität dagegen anbringt, jeder macht mal unlogische Sache, die einem trotzdem zwar nicht richtig, aber eben auch nicht falsch vorkommen.
Ich könntenoch eine Weile weiter so schwadronieren. Aber ein letzter allgemeiner Punkt sei da noch, der mir auf der Zunge brennt:
Leute, das ist ein Wettbewerbsbeitrag. Da schreibt man in den Credits Vor- und Zunamen. Egal wie klein oder groß der Wettbewerb ist. Ihr stempelt euch mit so einem Gewäsch selbst zum Scheitern in der ersten/zweiten Runde ab.
Musik find ich gut, Kamera hat einige Punkte, über die man streiten kann. Mein Hauptproblem war, dass ich euch nicht entscheiden konntet, ob ihr den Film als neutraler Beobachter zeigen wollt, ob ihr Empathie anzielt oder gar Sympathie mit dem Opfer? Man macht Filme doch eigentlich, um Leuten zu zeigen, was oder wie sie etwas nie sehen. Sucht euch interessantere Blickwinkel. Aus einer Klasenraumecke auf Stuhlhöhe kann jeder. Und mit kann mein ich technisch: kann jeder sehen, wenn er von einem Stuhl aufsteht und sich umsieht, und kann auch jeder, der dabein eine Kamera hält. Ihr hättet z.B. mit einem Stativ komplett unter die Zimmerdecke in der Ecke gehen können. Dann habt ihr ein Flair von Kamera im Sinne des Beobachters (Sicherheitskamera). Ihr hättet in dieser Szene auch näher am Opfer bleiben können, sich mit ihm solidarisieren und alles mit ihm zusammen ertragen können. Oder ganz tief runtergehen und im wahrsten Sinne des Wortes mal Mäusschen spielen können.
Auf der anderen Seite: kaut dem Zuschauer nicht jeden Happen 500mal vor: wenn er eine Treppe hochgeht, dann reicht es, wenn man ein paar Stufen dramatisch zeigt. Da muss man nicht die ganze Treppe zelebrieren. Wenn er am Ende auf dem Dach steht ahnt man schon, dass er alle Stufen hochgegangen sein muss. Und wenn ihr alle Stuffen nehmt, dann macht es auch richtig - dieser Schnitt dadrin ging gar nicht. Entweder nur die Füße oder nur die Treppe oder eine komplett dritte Einstellung, auf die Ihr zurückschneidet, wenn euch die Füße zu viel/wenig werden. Aber auf diese Erste zurcük und ihm dann noch Stufen zu geben, ey da hab sich Plaque gekrischt.
Summa summarum: hat einige Ansätze, wurde aber eigentlich zu unreflektiert dargestellt. Ein paar Clichés zusammenschneiden und ne dramatische Musik drüberlegen, damit man sich nicht zuviel mit dem Thema auseinandersetzen muss, kann jeder, auch RTL(II)- Und da trau ich euch mehr zu. Kennt ihr Mobbingopfer? Habt ihr mal n Buch oder ne Studie zu dem Thema gelesen? Wikipedia hilft da sogar schon weiter:
"Unter Mobbing in der Schule (auch: Bullying) versteht man ein gegen Schüler gerichtetes „Gemeinsein“, Ärgern, Angreifen, Schikanieren und Sekkieren.[1] Sind Lehrer Ziel solcher Angriffe, so spricht man üblicherweise von Mobbing am Arbeitsplatz. Mobbing in der Schule kann direkt (körperlich und verbal) oder auch indirekt (beispielsweise durch soziale Isolierung) erfolgen."
Lasst euch von dem Roman hier nicht entmutigen, sondern nutzt ihn im Gegenteil als Ansporn. Diese geistige Onanie, die ich bei solchen Kommentaren (auch in anderen Filmerforen) betreibe soll den Leuten eine andere Sicht der Dinge ermöglichen. Ich hab was gegen "das ist einfach scheiße" oder "geilgeilgeil". Es hilft in keiner der beiden Weisen auch nur irgendwie weiter... oder?
Max