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26.01.17, 11:40
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Legende
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Dobrindts Gesetzesentwurf: Wenn beim E-Mail-Schreiben der Reifen platzt
Zitat:
Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf für vollautomatisierte Autos beschlossen. Die Pflichten für die Autofahrer bleiben hoch und könnten zu Streitigkeiten mit den Versicherungen führen.
Welche Tätigkeiten können Fahrer in automatisierten Autos künftig gefahrlos übernehmen? Die Bundesregierung überlässt die Antwort auf diese Frage weitgehend den Autoherstellern. Zwar erlaubt ein am Mittwoch vom Kabinett beschlossener Gesetzesentwurf den Einsatz hoch- und vollautomatisierter Fahrzeuge. Doch die Pflichten der Autofahrer zur Kontrolle solcher Funktionen bleiben im Zweifel sehr hoch. Zudem bleibt der Halter auch bei Fehlern im Autopilotmodus zunächst haftbar.
Der 22-seitige Entwurf, der Golem.de vorliegt, will die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz automatisierter Funktionen wie einem Autobahn- oder Staupiloten schaffen. Demnach ist der Betrieb solcher Autos zulässig, "wenn die Funktion bestimmungsgemäß verwendet wird". Das heißt, ein Autobahnpilot dürfte demnach nicht auf einer Landstraße aktiviert werden. Die entsprechenden Autos müssen zudem über die erforderliche technische Ausstattung verfügen und die Verkehrsvorschriften beachten. Die Funktion muss jederzeit "durch den Fahrzeugführer manuell übersteuerbar oder deaktivierbar" sein. Weitergehende Zulassungsvoraussetzungen für die Fahrzeuge finden sich in dem Entwurf nicht.
Fahrer muss "unverzüglich" eingreifen
Der Fahrer darf sich im Autopilotmodus nicht darauf verlassen, dass das System problemlos funktioniert und ihn immer rechtzeitig zur Übernahme des Lenkrads auffordert. Laut Paragraf 1b des Straßenverkehrsgesetzes muss er "unverzüglich" die Kontrolle übernehmen, "wenn er erkennt oder auf Grund offensichtlicher Umstände erkennen muss, dass die Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung der hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen". Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein Autofahrer eine solche Situation erkennen kann, wenn er beispielsweise E-Mails beantwortet und nicht den Verkehr beobachtet. Das Gesetz enthält keinerlei Angaben darüber, welche Nebentätigkeiten beim automatisierten Fahren in welcher Form erlaubt sind.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) versicherte hingegen: "Wir ermöglichen damit, dass der Fahrer während der hochautomatisierten Fahrt die Hände vom Lenker nehmen darf, um etwa im Internet zu surfen oder E-Mails zu checken." Der Gesetzesbegründung zufolge muss der Fahrer beispielsweise sofort eingreifen, wenn ein Reifen beim Fahren platzt. Wie das möglich sein soll, wenn er gerade auf seinem Tablet im Internet surft, ist schwer vorstellbar. Im Zweifel könnten Gerichte urteilen, dass der Fahrer zu sehr abgelenkt war, um "unverzüglich" die Kontrolle übernehmen zu können.
Autohalter muss haften
Die Hersteller können demnach beliebige Systemgrenzen definieren, die der Fahrzeugführer beachten muss. Sollten dazu neben einem geplatzten Reifen auch andere unvorhersehbare Situationen wie Wildwechsel, ein Stauende und verlorene Gegenstände auf der Fahrbahn gehören, dürfte es für den Fahrer häufig riskant sein, das Lenkrad aus der Hand zu geben. Allerdings könnten die Autohersteller auch damit werben, dass ihre Systeme selbst bei einem Reifenplatzer die Spur hielten und dann sicher auf den Seitenstreifen wechselten. Sinnvoller wäre hingegen, wenn es Mindestgüteniveaus für die zugelassenen Fahrzeuge gäbe, wie sie das Projekt Pegasus erarbeiten soll.
Sollte es zu einem Unfall im Autopilotmodus kommen, ist weiterhin der Halter des Autos nach Paragraf 7 des Straßenverkehrsgesetzes haftbar (Gefährdungshaftung). Rechtlich bleibe der Autofahrer Fahrzeugführer, "auch wenn er im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Funktion das Fahrzeug nicht eigenhändig steuert", heißt es in dem Entwurf. Die maximale Haftungshöhe in diesem Fall wurde auf zehn Millionen Euro bei Personenschäden erhöht. Bei der sogenannten verschuldensabhängigen Haftung, die dann nicht mehr greift, gibt es hingegen keine Begrenzung.
Blackbox wird gesetzlich vorgeschrieben
Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Versicherungen von Hersteller und Halter bei einem Unfall mit Systemversagen über den finanziellen Ausgleich des Schadens streiten werden. Für diesen Fall soll ein Datenschreiber festhalten, ob die automatisierte Funktion zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiviert war. Ebenfalls soll aufgezeichnet werden, ob der Fahrer zur Übernahme der Kontrolle aufgefordert wurde oder eine technische Störung vorlag. Da der Fahrer unter "offensichtlichen Umständen" auch unaufgefordert in der Lage sein muss, die Kontrolle wieder zu übernehmen, könnte dies in der Praxis zu Streitigkeiten zwischen den Versicherungen führen.
Die Verbraucherschützer sind daher nur teilweise zufrieden mit dem Entwurf. Immerhin sei festgehalten worden, "dass der Autopilot Geschwindigkeitsbeschränkungen erkennt", sagte vzbv-Vorstand Klaus Müller. Ebenfalls fordert der Verband, "dass nicht Fahrer, sondern Hersteller für Unfälle haftbar gemacht werden, die der Autopilot verursacht". Zu weitreichend seien auch die Regelungen zur Weitergabe der gespeicherten Fahrzeugdaten.
Gegenpartei erhält Zugriff auf Daten
Dem Entwurf zufolge müssen die Daten nicht nur den zuständigen Landesbehörden "auf deren Verlangen" übermittelt werden. Bei einem Unfall können beteiligte Dritte "zur Geltendmachung, Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen" die Herausgabe der Daten verlangen. Das heißt, die Daten des Fahrzeugs können künftig den Fahrer belasten und überführen. Der vzbv schlägt daher die Einrichtung eines "Trust Centers vor, das bei der Datenspeicherung und -weitergabe eine Vermittlerrolle übernimmt".
Die laut Gesetzesentwurf vorgesehene maximale Speicherfrist von drei Jahren ist den Verbraucherschützern zu lang. In einer umfangreichen Stellungnahme zum Gesetz forderten sie, dass die Daten permanent überschrieben und nur im Falle eines Unfalls gespeichert werden. Das ist jedoch nicht praxisgerecht, da mit Hilfe der Daten auch nachgewiesen werden soll, dass der Autopilot beispielsweise eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht beachtet hat. Eine Mindestspeicherung von mehreren Monaten scheint daher unvermeidlich.
SPD fordert Herstellerhaftung
Es ist möglich, dass der vzbv mit seiner Kritik in den anstehenden Bundestagsberatungen teilweise Gehör findet. So fordert der SPD-Abgeordnete Sören Bartol auf Anfrage von Golem.de: "Wenn der Mensch nicht steuern muss, weil das Auto das alleine kann, soll er auch nicht für Fehler haften." Wichtig sei dabei, "dass die Verantwortung von Technik und Fahrenden eindeutig abgegrenzt ist".
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