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26.03.25, 15:29
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#1
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Erfahrenes Mitglied
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Beiträge: 784
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Union will Informationsfreiheitsgesetz abschaffen
Union will Informationsfreiheitsgesetz abschaffen
Arne Semsrott
26. März 2025
Zitat:
In den Koalitionsverhandlungen drängen CDU und CSU darauf, das Recht auf staatliche Informationen abzuschaffen. Angetrieben wird das Vorhaben von Philipp Amthor – der wegen seiner umstrittenen Nebentätigkeiten bei Augustus Intelligence selbst unter IFG-Anfragen zu leiden hatte.
Jeder hat das Recht auf amtliche Informationen. Seit 2006 müssen Behörden auf Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Dokumente herausgeben – seien es Verträge, interne Weisungen oder E-Mails. Fast 300.000 Anfragen wurden seitdem über FragDenStaat gestellt. Das IFG ist eine zentrale Säule der Demokratie in Deutschland geworden.
Nun wollen CDU und CSU das Recht auf Informationen abschaffen. Das geht aus dem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe zu „moderner Justiz“ hervor, das wir veröffentlichen. Die SPD hat dem Vorhaben bisher nicht zugestimmt.
Frontalangriff auf Informationsfreiheit
Verhandlungsführer der Union in der Arbeitsgruppe ist Philipp Amthor. Der Jurist kennt das Gesetz für staatliche Transparenz aus eigener Erfahrung: Im Rahmen seiner umstrittenen Nebentätigkeiten für das windige IT-Unternehmen Augustus Intelligence missbrauchte Amthor im Jahr 2018 das Briefpapier des Bundestages, um gegenüber dem Wirtschaftsministerium für das Unternehmen zu werben.
Durch unsere Recherchen mit Hilfe des IFG konnten wir den Skandal aufdecken und Amthors Lobby-Schreiben veröffentlichen. Nun will der CDU-Abgeordnete offenbar verhindern, dass FragDenStaat und die Öffentlichkeit ihn künftig weiter kontrollieren können. Auch die CSU-Verhandlungsführerin Daniela Ludwig musste durch das IFG bereits ein umstrittenes Schreiben offenlegen. Die Union hat bisher noch nie öffentlich die Abschaffung des IFG gefordert, hatte dies aber offenbar im Verborgenen vorbereitet.
Dutzende Skandale aufgedeckt
Durch das IFG kamen in den vergangen 20 Jahren zahlreiche Skandale ans Licht, die ohne das Gesetz im Verborgenen geblieben wären – seien es die Plagiatsaffären um Karl-Theodor zu Guttenberg und um Franziska Giffey, Interessenkonflikte um die Klimastiftung MV und Nord Stream 2 und die Fördermittelaffäre im Bildungsministerium. Das Gesetz ist aus dem journalistischen Alltag nicht mehr wegzudenken.
Die Ampel-Koalition wollte das IFG im vergangenen Jahr eigentlich zu einem Transparenzgesetz mit weiteren Veröffentlichungspflichten weiterentwickeln. Der Reformentwurf scheiterte jedoch an der Blockade des Innenministeriums.
Da sich die Arbeitsgruppe von Union und SPD nicht einigen konnten, müssen jetzt die Parteispitzen ran: Die Parteivorstände von CDU, CSU und SPD werden sich in den nächsten Tagen darüber verständigen, ob sie sich auf eine Abschaffung des Rechts auf Informationen einigen.
Zum Verhandlungspapier:
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Quelle:
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27.03.25, 08:36
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#2
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Echter Freak
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Bedankt: 3.172
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Was vom von rechten Parteien erwarten kann, wird auch kommen. Freiheit ist immer contra rechts.
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Folgendes Mitglied bedankte sich bei csesraven:
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27.03.25, 09:33
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#3
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Super Moderator
Registriert seit: Oct 2012
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Bedankt: 9.058
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Zum Thema vielleicht:
Zitat:
Koalitionsverhandlungen
Die Überwachungswünsche von Schwarz-Rot
Union und SPD wollen die [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] ermöglichen. Und die Wunschliste von CDU und CSU ist noch viel länger.
Eine Analyse von [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
26. März 2025, 7:35 Uhr

Die mögliche schwarz-rote Koalition will die Videoüberwachung ausdehnen.
In den Verhandlungen zwischen Union und SPD über eine Regierungskoalition gibt es noch viel Klärungsbedarf in der Sicherheitspolitik. Zwar einigten sich die Unterhändler der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration prinzipiell auf eine Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern. Doch in etlichen Punkten gehen die Wünsche von CDU und CSU den Sozialdemokraten noch zu weit.
Das geht aus dem Abschlusspapier der Arbeitgruppe hervor, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Dort sind die offenen Forderungen der Union mit Blau, die Vorschläge der SPD mit Rot markiert. Die Wünsche der Union decken sich weitgehend mit einem Entschließungsantrag, der nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg im Januar 2025 [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ].
Zeitenwende gefordert
Die Arbeitsgruppe fordert eine "Zeitenwende in der Inneren Sicherheit", um den multiplen Bedrohungen von außen und im Innern zu begegnen. Das ist wohl eine bewusste Absage an den Versuch der Ampelkoalition, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Dieser Versuch wurde in den vergangenen Jahren von der SPD erfolgreich boykottiert, beispielsweise [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Nun sehen sich umgekehrt die Sozialdemokraten wieder in der Position, die Grundrechte der Bürger zu verteidigen.
Dies betrifft bespielsweise die Frage, wie lange IP-Adressen und Portnummern auf Vorrat gespeichert werden dürfen. Mit der Forderung nach einer Speicherdauer von sechs Monaten geht die Union sogar über [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] (PDF) vom Dezember 2024 hinaus, der nur drei Monate vorsah. Selbst diese Frist ging der SPD damals zu weit. Der SPD-Abgeordnete Daniel Baldy warf der Unionsfraktion damals vor: "Mich erinnert das bei Ihnen eher so an wildes Zahlenraten als an seriöse Grundrechtsabwägung."
Automatisierte Gesichtserkennung mit Internetdaten
Dem Papier zufolge soll die Vorratsdatenspeicherung verhältnismäßig sowie europa- und verfassungsrechtskonform ausgestaltet werden. Die SPD dürfte die Union daher in anstehenden Verhandlungen daran erinnern, dass nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) die Datenspeicherung "auf das absolut notwendige Maß" beschränkt werden sollte. Sonst dürfte die Speicherung ebenso wie die früheren Gesetze der damals noch recht großen Koalition wieder vor Gericht scheitern.
Dies droht möglicherweise auch bei der Forderung, den Sicherheitsbehörden eine "automatisierte Datenrecherche und -analyse sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels künstlicher Intelligenz" zu erlauben. Diese Pläne waren bereits von der Ampelkoalition im [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], dann aber im Bundesrat [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ].
Je nach dem, wie diese Datenanalyse umgesetzt wird, könnte sie gegen die europäische KI-Verordnung verstoßen. Diese untersagt den Aufbau biometrischer Datenbanken auf Basis öffentlich zugänglicher Internetfotos. Zulässig ist hingegen eine retrograde biometrische Fernidentifizierung zur Identifizierung von Tätern, die den Strafverfolgern "unter bestimmten, eng definierten Voraussetzungen bei schweren Straftaten" erlaubt werden soll. Dazu fordern die Unterhändler eine Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten.
Sehr bedenklich ist zudem der Wunsch der Union, "Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste im Einzelfall zur Entschlüsselung und Ausleitung von Kommunikationsinhalten an Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden" zu verpflichten. Dies würde eine Hintertür in verschlüsselten Messengerdiensten wie Whatsapp oder Signal erforderlich machen.
Dass diese Forderung von der Union erhoben wird, ist kein Zufall.
Schließlich leitete [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] die Arbeitsgruppe. Krings war von 2013 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, das in seiner Amtszeit [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], den Sicherheitsbehörden Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zu verschaffen.
Offen bleibt, ob die schwarz-rote Regierung die umstrittene Chatkontrolle auf EU-Ebene weiter blockieren wird. Die SPD will dazu folgenden Satz im Koalitionsvertrag unterbringen: "Chatkontrolle und Client-Side Scanning, wie auf EU-Ebene derzeit in Verhandlungen, stimmen wir auch künftig nicht zu, da damit grundsätzliche Bürgerrechte ausgehebelt würden." Doch dem stimmte die Union noch nicht zu.
Staatstrojaner für alle
Ebenfalls zur blauen Wunschliste der Union gehört die starke Ausdehnung des Staatstrojanereinsatzes. So soll die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) allen Sicherheitsbehörden erlaubt werden. Diese soll dabei nicht nur solche Inhalte abhören, die von Beginn des eigentlichen Zugriffs an erstellt werden. Erfasst werden soll sämtliche Kommunikation "ab dem Zeitpunkt der Anordnung" des Einsatzes. Auch "retrograde Daten" könnten in bestimmten Fällen erfasst werden. Die Befugnis ist umstritten, da sie eher der Onlinedurchsuchung entspricht, für die höhere Eingriffsschwellen gelten.
Ebenso wie der Bundesrat könnte die künftige Koalition [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] befürworten. "Zur Verhinderung weiterer Gewalttaten, wie in der jüngsten Vergangenheit, wollen wir die frühzeitige Erkennung entsprechender Risikopotentiale bei Personen mit psychischen Auffälligkeiten sicherstellen. Hierzu führen wir eine gemeinsame Risikobewertung und ein integriertes behördenübergreifendes Risikomanagement ein", heißt es. Die Länderkammer setzt sich zu diesem Zweck für den schnellen Einsatz einer polizeilichen Analysesoftware in ganz Deutschland ein.
Hackbacks sollen erlaubt werden
Einig sind sich Union und SPD auch darin, die operativen Fähigkeiten der Nachrichtendienste zu stärken. Die Arbeitsgruppe fordert eine "grundlegende verfassungskonforme, systematische Novellierung des Rechts der Nachrichtendienste des Bundes", um einen "effektiven und effizienten Datenaustausch zwischen den Diensten und anderen Behörden" zu ermöglichen.
Ebenso wie die Arbeit der Nachrichtendienste ist [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. In diesem Bereich will die Arbeitsgruppe auch Hackbacks zulassen. "Im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen bauen wir unsere Fähigkeiten zur aktiven Cyberabwehr aus", heißt es. Zusätzliche Mittel könnten für "die Schaffung einer neuen spezialisierten technischen Zentralstelle unter Einbeziehung von Zitis" benötigt werden. Die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis) soll unter anderem Überwachungssoftware beschaffen oder entwickeln.
Weiter heißt es: "Der Bund schafft die rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen für eine wirksame Drohnendetektion und -abwehr auch durch die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern."
Dem Papier zufolge soll das Cyberstrafrecht reformiert werden, um Strafbarkeitslücken beispielsweise bei bildbasierter sexualisierter Gewalt zu schließen.
"Dabei erfassen wir auch Deep Fakes und schließen Lücken bei deren Zugänglichmachung gegenüber Dritten", heißt es. Die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Plattformen, die bei der Entfernung strafbarer Inhalte systemische Mängel aufweisen, sollen verschärft werden
"Wir werden im Computerstrafrecht Rechtssicherheit für IT-Sicherheitsforschung schaffen, wobei wir Missbrauchsmöglichkeiten verhindern", heißt es abschließend. Zumindest diese Forderung dürfte, je nach Ausgestaltung, von Organisationen wie dem Chaos Computer Club begrüßt werden. Zwar hatte die Ampelkoalition dazu noch kurz vor ihrem Scheitern [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], doch dieser wurde nicht mehr im Bundestag beraten.
An die nun abgeschlossene Arbeitsgruppenphase schließt sich [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] eine dreitägige Redaktionsphase an. "In der anschließenden Clearingphase werden letzte Uneinigkeiten und unklare Formulierungen ausgeräumt." Nach der Arbeit der Clearingphase soll Anfang April die Schlussredaktion des Koalitionsvertrages folgen. "Danach liegt ein fertiges Dokument vor, das den drei Parteien zur Zustimmung zugeht", schreibt die CDU. Sollten alle drei Parteien dem Koalitionsvertrag zustimmen, könnte CDU-Chef Friedrich Merz am 23. April 2025 zum neuen Bundeskanzler gewählt werden.
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27.03.25, 17:01
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#4
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Erfahrenes Mitglied
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Rückschritt in vordemokratische Zeiten - Hände weg vom Informationsfreiheitsgesetz!
VOLKER BOEHME-NESSLER
27. März 2025
Zitat:
Hände weg vom Informationsfreiheitsgesetz!
Theoretisch sind Koalitionsverhandlungen streng vertraulich. Manches wird aber trotzdem durchgestochen. Alarmierend sind etwa die angeblichen Pläne, das Informationsfreiheitsgesetz abzuschaffen. Das wäre ein Schlag gegen die Pressefreiheit.
Wie man aus den Koalitionsverhandlungen hört, will die CDU das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) abschaffen. Das ist tatsächlich eine schlimme Nachricht. So unbekannt dieses Gesetz in der breiten Öffentlichkeit ist, es ist seit 2006 eine tragende Säule der Demokratie in Deutschland.
Über Jahrhunderte galt der Grundsatz des Verwaltungsgeheimnisses. Der Staat hat nicht preisgegeben, was in seinem Inneren passierte. Man raunte geheimnisvoll vom Arkanum der Verwaltung. Im Obrigkeitsstaat war das normal. In autoritären Staaten ist das immer noch so. Die Untertanen hatten sich nicht dafür zu interessieren, was Beamte und Politiker hinter den Kulissen taten. Nur die Schweden waren anders. Sie hatten schon 1766 durch ihre Tyreckfrihetsförordning (Druckfreiheitsverordnung) ihren Bürgern den Zugang zu offiziellen Akten des Staates ermöglicht.
Paradigmenwechsel in der Demokratie
In einer Demokratie ist das Verwaltungsgeheimnis natürlich ein schmerzhafter Fremdkörper. Deshalb begann nach dem 2. Weltkrieg in den demokratischen Staaten ein Paradigmenwechsel. Das Verwaltungsgeheimnis wurde zur engen Ausnahme, die Regel sollte jetzt der freie Zugang zu allen Informationen werden, die die Verwaltung gespeichert hat.
Der Vorreiter war der US-amerikanische Freedom of Information Act (FOIA) von 1966. Er räumte den Bürgern weit reichende Einsichtsrechte in Akten der Bundesbehörden ein. Der FOIA hat sich vor allem für investigative Journalisten zu einem wichtigen Tool entwickelt. Aufwändige und tiefschürfende Recherchen sind ohne diese Rechte kaum mehr möglich. Die meisten westlichen Demokratien folgten diesem amerikanischen Beispiel. Aktenöffentlichkeit ist heute im Westen normal.
Aktenöffentlichkeit auch in Deutschland
Deutschland allerdings hinkte deutlich hinterher. Die Beharrungskräfte der traditionellen Verwaltung waren hier besonders stark. Der Abschied vom Aktengeheimnis fiel schwer. Erst 2006 wurde das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erlassen. Der neue Grundsatz findet sich direkt in Paragraf Eins: „Jeder hat … gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.“ Das gilt für alle.
In der Praxis sind es allerdings vor allem Journalisten, die das IFG für ihre Recherchen nutzen. Spektakuläre Fälle aus den letzten Monaten sind etwa die RKI-Files oder die Cicero-Recherchen des Journalisten Daniel Gräber zur (Anti-)Atom-Politik der Ampelkoalition. Sind die Zeiten für Medienvertreter jetzt also paradiesisch? Nicht wirklich, wie man immer wieder feststellen muss.
Ein wichtiges Problem ist immer noch das veraltete Denken in den Behörden. Informationen herauszugeben, fällt vielen Entscheidern im Beamtenapparat weiterhin schwer. Auch wenn die Rechtslage jetzt anders ist: Die Tradition des Aktengeheimnisses ist in den Köpfen immer noch stark. Deshalb geben Behörden sehr oft Akten nur stark geschwärzt oder gar nicht heraus. Nicht selten müssen Medienvertreter ihr Recht auf Informationszugang vor Gerichten durchsetzen. Und selbst dann sind Akten so stark geschwärzt, dass man ihnen die entscheidenden Informationen nicht entnehmen kann. Manche Schwärzung lässt sich nur als Sabotage der Pressearbeit verstehen. Viel zu oft versucht der Staat mit allen Tricks, Informationen vor einer kritischen Öffentlichkeit geheim zu halten.
Staatsgeheimnis und Privacy
Im deutschen Rechtssystem gibt es (fast) kein Recht, das keine Grenzen hätte. So ist es auch beim Recht auf Zugang zu staatlichen Informationen. Das IFG gibt keinen Zugang zu echten Staatsgeheimnissen. Einzelheiten zur militärischen Strategie der Bundeswehr oder zu den Spionen der deutschen Geheimdienste im Ausland wird man mithilfe des IFG nicht erfahren können. Aber nicht alles, was die Beamten als Staatsgeheimnisse ansehen, sind auch welche. Im Streitfall müssen das die Gerichte entscheiden.
Manche Informationen, die der Staat gespeichert hat, betreffen andere Bürger und deren Persönlichkeitsrechte. Der Klassiker: Ein Journalist will wissen, wie viel Steuern ein Prominenter im letzten Jahr gezahlt hat. In diesem Fall kollidiert das Recht auf Informationszugang mit dem Steuergeheimnis. Um diese persönlichen Rechte zu schützen, beschränkt das IFG den Informationszugang in solchen Fällen.
Ein anderes Beispiel: Bei etlichen Behörden sind auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen gespeichert. Können Konkurrenten diese Informationen nach dem IFG einfach erhalten? Klare Antwort des Gesetzes: nein. Personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden im Normalfall nicht herausgegeben. In ganz speziellen Ausnahmefällen kann das nach sorgfältiger Abwägung anders sein.
Blick in den Maschinenraum
Worin liegt nun die besondere Bedeutung des IFG? Es macht den Staat und Teile der Politik transparenter. Es ermöglicht den Bürgern einen Blick in den Maschinenraum des Staates. In einer echten Demokratie muss das auch so sein. Im Grundgesetz heißt es ausdrücklich: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Das Volk ist der Souverän. Es kontrolliert die Staatsgewalt, es bestimmt die Richtung, in die Staat und Politik gehen sollen. Damit das keine Farce ist, müssen die Bürger alle wirklich wichtigen Informationen bekommen können. Und dazu braucht es den Informationszugang, den das IFG schafft. Kurz: Das IFG ist in einer Demokratie eine Selbstverständlichkeit.
Das ist ein einfacher Zusammenhang zwischen Demokratie und Informationszugang, der sofort einleuchtet. Trotzdem gibt es in den Koalitionsverhandlungen Politiker, die allen Ernstes das IFG abschaffen wollen? Das wirft kein gutes Licht auf die Politiker. Das zeigt, dass Teile der Politik ein Problem mit mündigen Bürgern in einem freiheitlichen Staat haben. Und das passt zum Zeitgeist in der Politik.
Spätestens seit Corona ist der mündige Bürger, der frei und pointiert seine Meinung äußert, nicht mehr gefragt. Große Teile der Politik wollen einen zutiefst unpolitischen Bürger, der unkritisch dem Mainstream folgt. Kritik mag die Politik nicht. Das ist nichts Neues. Das ist auch verständlich, aber zutiefst undemokratisch. Die Abschaffung des IFG wäre ein Schlag gegen den mündigen Bürger, die Pressefreiheit und die Demokratie – ein echter Skandal.
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Quelle:
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