CDU hat Parteispende aus Aserbaidschan angenommen - keine Strafe
Zitat:
Frankfurter CDU nahm illegale Parteispende aus Aserbaidschan an – keine Strafe
Die Frankfurter CDU hat nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de, WDR und Süddeutscher Zeitung im Februar 2012 zwei rechtswidrige Spenden aus Aserbaidschan angenommen. Die Überweisungen in einer Gesamthöhe von 28.000 Euro stammten vom staatlichen Öl- und Gaskonzern SOCAR, für den Deutschland ein wichtiger Absatzmarkt ist. Nach jahrelanger Überprüfung der Spenden hat die Bundestagsverwaltung jetzt - über fünf Jahre später - einen Verstoß gegen das Parteiengesetz festgestellt. Doch die CDU kommt ohne Strafzahlung davon.
Gerade hatte sich die erste Aufregung um eine aus aserbaidschanischen Quellen bezahlte Tätigkeit der CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Strenz gelegt, da gerät eine andere CDU-Verbindung nach Aserbaidschan in den öffentlichen Fokus.
Es geht um zwei Spendenzahlungen in einer Gesamthöhe von 28.000 Euro, die der staatliche Energiekonzern SOCAR nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de, WDR und Süddeutscher Zeitung im Februar 2012 an den CDU-Kreisverband Frankfurt überwies. Es folgte eine mehrjährige Überprüfung durch die Bundestagsverwaltung, die erst in der vorvergangenen Woche – am 12. Oktober – abgeschlossen wurde. Ergebnis: Die Spenden von SOCAR waren illegal, mit ihrer Annahme verstieß die Frankfurter CDU gegen das deutsche Parteiengesetz. Diese von der Bundestagsverwaltung mitgeteilte Rechtsauffassung habe die CDU „akzeptiert“, so ein Parlamentssprecher.
Niemand machte sich kundig, ob die Spende problematisch sein könnte
Die beiden Spenden waren Anfang 2012 von SOCAR (State Oil Company of Azerbaijan Republic) auf das Konto der Frankfurter CDU überwiesen worden: eine am 27. Februar (3.000 Euro), die andere zwei Tage später (25.000 Euro). In der Kreisgeschäftsstelle hätten damals eigentlich alle Alarmglocken schrillen müssen, denn Konzernspenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind nach dem deutschen Parteiengesetz verboten, ein Verstoß kann mit einer Strafzahlung in dreifacher Höhe des Spendenbetrags geahndet werden. Doch obwohl die Überweisung offenkundig von einem ausländischen Unternehmen kam, machte sich in der Frankfurter CDU offenbar niemand kundig, ob die Spende nicht problematisch sein könnte.
Warum, das erklärt man beim CDU-Kreisverband heute so: Die Überweisung sei von einem deutschen Konto unter Angabe einer deutschen Firmenadresse gekommen. Deswegen habe man sie für unbedenklich gehalten.
Eigenwilligen Umgang mit den Parteifinanzen
Erstaunen kann einen die vermeintliche Ahnungslosigkeit allerdings schon. Denn gut zwei Wochen vor dem Eingang der SOCAR-Spenden war ein juristischer Vollprofi zum Schatzmeister der Kreis-CDU gewählt worden: der Rechtsanwalt, Notar und frühere Justitiar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Gres. In jener Zeit pflegte die Frankfurter CDU einen recht eigenwilligen Umgang mit den Parteifinanzen. Selbst gegenüber Parteimitgliedern soll sie den Kassenstand geheimgehalten haben – Begründung: Diesen habe man „noch nie“ öffentlich gemacht, so erklärte es Gres 2014. Im Lichte der SOCAR-Zahlungen zwei Jahre zuvor ist dies ein nicht ganz uninteressanter Randaspekt.
Die Brisanz der Aserbaidschan-Spenden fiel im September 2013 dann in der Berliner Parteizentrale auf, nachdem dort der testierte Rechenschaftsbericht des CDU-Landesverbandes Hessen für 2012 eingegangen war. „Unverzüglich und umfassend“ habe man daraufhin den Sachverhalt gegenüber der Bundestagsverwaltung offengelegt und um eine rechtliche Bewertung der Spenden gebeten, beteuert die CDU-Zentrale.
Bundestagsverwaltung wollte zunächst Strafe verhängen
Schnell war klar, dass die Überweisungen als illegale Auslandsspenden zu bewerten sind – selbst wenn sie von der Deutschland-Dependence des Unternehmens kamen. Am 16. September 2013 führte die Partei die rechtswidrig angenommene Spende an den Bundestag ab.
Auch wenn die Bundestagsverwaltung die CDU Ende 2013 „zu einer beabsichtigten Sanktion“ anhörte – also damals eine Strafzahlung verhängen wollte – kommt die Partei am Ende ohne Geldstrafe davon. „Die Bundestagsverwaltung sieht bisher keinen Grund zu der Annahme, dass die Partei von Anfang an von einer Unzulässigkeit der Spende ausging,“ so ein Bundestagssprecher. Anders gesagt: Die CDU-Bundespartei kann juristisch nicht dafür haftbar gemacht werden, wenn man bei der Frankfurter CDU eine illegale Spende annimmt. Dieser Präzedenzfall könnte der Bundestagsverwaltung in Zukunft noch einige Probleme bereiten.
Die Verwaltung begründet ihre Rechtsauffassung mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2016, in dem es um Strafzahlungen an die FDP im Möllemann-Spendenskandal ging. Durch das Urteil sei es für Parteien einfacher geworden, eine Sanktionsbefreiung zu erreichen.
Parteispende aus "sozialer Verantwortung"
Dass SOCAR der Frankfurter CDU 2012 insgesamt 28.000 Euro zukommen ließ, dafür hat das Unternehmen heute eine eigentümlich klingende Begründung: Die Spende sei im Rahmen seiner „sozialen Verantwortung“ erfolgt, genauso unterstütze man deutsche Kultur- und Sportvereine sowie studentische Organisationen, erklärte der Deutschland-Chef von SOCAR, Elmar Mamedov, auf die Frage nach dem Spendenmotiv. Im Übrigen halte man den Meinungsaustausch mit politischen Funktionsträgern wegen „der geopolitischen Bedeutung Aserbaidschans und SOCARs“ für wichtig. In Gesprächen mit Volksvertretern erfahre man, „was die Bürgerinnen und Bürger der Länder bewegt, in denen wir tätig sind.“
Mit welchen Funktionsträgern sich der aserbaidschanische Staatskonzern hierzulande über die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger austauscht, ist u.a. auf der deutschen Unternehmenswebseite zu sehen. Fotos zeigen den obersten Deutschland-Lobbyisten von SOCAR u.a. mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß, EU-Kommissar Günther Oettinger und der früheren Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU).
SOCAR war an Reisen von Bundestagsabgeordneten beteiligt
Auch sonst ist SOCAR um einen engen Kontakt zur Politik bemüht. Als 2015 eine deutsche Parlamentariergruppe unter dem Vorsitz der Abgeordneten Karin Strenz nach Aserbaidschan reiste, wurde die Tour von dem Ölkonzern „organisatorisch unterstützt und begleitet“, wie der Tagesspiegel unter der Überschrift „Unkritischer Besuch bei Diktator Ilham Alijew“ hinterher schrieb.
Drei Jahre zuvor war der damalige Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs auf Kosten der aserbaidschanischen Botschaft nach Baku geflogen – dort empfing ihn der stellvertretende SOCAR-Chef in der Konzernzentrale.
War die SOCAR-Spende an die CDU die einzige, die der aserbaidschanische Energiemulti an eine deutsche Partei überwies? Dazu wolle man sich nicht äußern, so der SOCAR-Deutschland-Chef – aus „Datenschutzgründen“.
Angelegenheit kommt für die CDU zur Unzeit
Auch wenn sie mit einem blauen Auge davon gekommen ist, kommt die pikante Angelegenheit für die CDU zur Unzeit. Erst kürzlich hatten Süddeutsche Zeitung und das ARD-Magazin Report Mainz die geschäftliche Verbindung der CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Strenz zu einer aus Aserbaidschan finanzierten Lobby-Firma aufgedeckt. Für ihre vermeintliche Beratertätigkeit im Zeitraum November 2014 bis Januar 2015 erhielt die Politikern zwischen 14.000 und 30.000 Euro. Da Strenz u.a. wenige Monate später im Europarat als einzige deutsche Abgeordnete gegen eine Aserbaidschan-kritische Resolution zu politischen Gefangenen stimmte, steht der Vorwurf der Abgeordnetenbestechung im Raum.
Dem autoritären Regime werden Korruption und die massive Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen (s. Kasten). Aserbaidschan ist deshalb um ein positives Image bemüht. In den vergangenen Jahren richtete das Land mehrere internationale Großveranstaltungen wie den Eurovision Songcontest, die Europaspiele oder Formel 1-Rennen aus. Der Staatskonzern SOCAR ist offizieller Sponsor des europäischen Fußballverbandes UEFA.
Aserbaidschan verfolgt in Deutschland und der EU große wirtschaftliche Interessen. Seit einigen Jahren baut SOCAR zusammen mit Partnern an einer Milliarden teuren Pipeline, die die Europäische Union spätestens 2020 mit aserbaidschanischem Erdgas versorgen soll („südlicher Gaskorridor“). Schon jetzt ist der Staatskonzern einer der großen Rohöllieferanten, im deutschen Importranking lag das Land zuletzt noch vor Saudi-Arabien auf Rang 8.
Deutschland ist neben Rumänien eines von zwei EU-Ländern, in denen SOCAR nach eigenen Angaben eine Niederlassung hat. Diese liegt in: Frankfurter am Main.
Aserbaidschan und die Menschenrechte
Aserbaidschan werden massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Internationale NGOs wie Human Rights Watch prangern willkürliche Inhaftierungen von Regierungskritikern und Journalisten an. In der Rangliste der Pressefreiheit 2017 von Reporter ohne Grenzen liegt das Land auf Platz 162 von 180 Staaten. Aus Sicht der OSZE war die letzte Präsidentschaftswahl von 2013 „untergraben von Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit“. Transparency International führt Aserbaidschan im Korruptionswahrnehmungsindex aktuell auf Rang 123 von 176 Staaten.
Veröffentlicht von Martin Reyher am 25.10.2017 - 18:00
Quelle:[Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar. Jetzt registrieren...]
Eine Unterstützerin des Regime in Aserbaidschan flog erst im September auf. Sie kam aus den Reihen der CDU. Dazu die alte NEWS von der Süddeutschen.de im Spoiler:
Zitat:
19. September 2017, 05:12 Uhr
Bundestag
Die Aserbaidschan-Connection einer CDU-Abgeordneten
Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz bekam von einer Firma Geld, die offenbar bezahlte Lobbyarbeit für das umstrittene Regime in Aserbaidschan leistete.
Die Firma gehört dem früheren CSU-Politiker Eduard Lintner, der seit 2009 als Lobbyist für Aserbaidschan agiert - vor allem mit seiner Firma "Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen" (Gefdab).
Karin Strenz gilt schon lange als auffällige Unterstützerin Aserbaidschans, auf ihrer Internetpräsenz findet sich auf der Startseite ein Foto mit Staatspräsident İlham Əliyev.
Von Hannes Munzinger, Bastian Obermayer und Pia Ratzesberger
Es sind nur noch ein paar Tage bis zur Bundestagswahl, und Karin Strenz erhält am Dienstag besondere Unterstützung: Kanzlerin Angela Merkel wird mit ihr in Wismar auftreten, in der Markthalle. Strenz sitzt seit 2009 für die CDU im Bundestag und hofft auf eine dritte Amtszeit - doch ausgerechnet in diesen Tagen kommen Zweifel auf, ob Strenz ihre Entscheidungen im Berliner Parlament und auch im Europarat wirklich so unabhängig getroffen hat, wie sie behauptet.
Denn Strenz bekam von einer Firma Geld, die offenbar bezahlte Lobbyarbeit für das umstrittene Regime in Aserbaidschan leistete, finanziert unter anderem aus staatlichen Töpfen. Damit weitet sich die Affäre um den Ex-Bundestagabgeordneten Eduard Lintner (CSU) und sein Engagement für den Kaukasusstaat aus - das in Belgien bereits zu einem Rücktritt geführt hat.
Auf ihrer Bundestagsseite gibt Karin Strenz als Nebentätigkeit an, von einer Firma namens Line M-Trade im Jahr 2014 sowie im Januar 2015 Geld bekommen zu haben, und zwar jeweils zwischen 7500 und 15 000 Euro. Laut Handelsregister gehört die Line M-Trade eben jenem früheren CSU-Politiker Eduard Lintner, der seit 2009 als Lobbyist für Aserbaidschan agiert - vor allem mit seiner Firma "Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen" (Gefdab). Erst vor zwei Wochen berichtete die SZ, dass Lintner über rund zwei Jahre insgesamt mehr als 800 000 Euro von drei dubiosen Briefkastenfirmen erhalten hatte, die von der aserbaidschanischen Herrscherfamilie Əliyev genutzt wurden.
Strenz stimmt gegen die Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan
Der frühere CSU-Politiker bestreitet nicht, dass das Geld aus Baku stammt; seine Gesellschaft sei von einer "Partner-NGO in Aserbaidschan" unterstützt worden, die unter anderem vom Staat finanziert werde. Neu ist jetzt, dass das Gleiche für die Line M-Trade gilt. Er habe mit beiden Firmen dieselben Ziele verfolgt, sagte Lintner am Montag der SZ.
Das bedeutet: Eine Lobbyfirma, gefüttert mit aserbaidschanischem Staatsgeld, zahlt einer Bundestags-Abgeordneten mehrmals Honorar. Aber weder legt Karin Strenz das wirklich offen, noch erklärt sie, wofür sie Geld aus Aserbaidschan bekommen hat. Eine am Freitag gestellte SZ-Anfrage ließ Strenz bis Redaktionsschluss unbeantwortet, weder ihre Büroleiterin noch sie selbst beantworteten E-Mails oder Anrufe. Eduard Lintner, der als Geschäftsführer der Line M-Trade die Gelder angewiesen haben muss, will dazu nichts sagen.
Karin Strenz ist Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe im Bundestag, sie gilt schon lange als auffällige Unterstützerin Aserbaidschans. Auf ihrer Internetpräsenz findet sich auf der Startseite ein Foto mit Staatspräsident İlham Əliyev - einem autoritären Herrscher, der seine Macht immer weiter ausbaut und hart gegen jeden vorgeht, der ihm im Wege steht. Strenz stimmte etwa im Juni 2015 im Europarat dagegen, die Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan zu fordern, als einzige Deutsche. Sie nahm auch an mehreren Wahlbeobachtungen teil, ihr Urteil fiel im Gegensatz zu anderen Delegierten stets unkritisch aus.
Karin Strenz wird nicht ewig auf Tauchstation bleiben können
Die Zahlungen der Line M-Trade sind nicht die einzige Verbindung zu Lintner und seiner Gefdab: Anfang 2014 gründete Karin Strenz gemeinsam mit einer langjährigen Mitarbeiterin der Gefdab eine eigene Firma, die Extent GmbH, als Geschäftsführerin und Gesellschafterin. Auf ihrer offiziellen Bundestagsseite ist die Extent allerdings nicht zu finden. Das Ziel der Firma ist laut Handelsregister die "Beratung und Begleitung nationaler und internationaler Kunden in rechtspolitischen, europarechtlichen, völkerrechtlichen sowie wirtschaftlichen Angelegenheiten". Das klingt ein wenig nach Lobbyarbeit, nur für wen? Auch dazu: keine Antwort von Karin Strenz.
Ein paar Monate nach der Gründung tritt Strenz als Geschäftsführerin zurück, ihre Anteile übernimmt Kurt Strenz, ihr Ehemann. Weil Strenz die Firma lieber nicht in der Öffentlichkeit sehen will?
Die belgische Zeitung De Tijd meldete vergangene Woche auf der Titelseite, dass zwei belgische Politiker ebenfalls aus Aserbaidschan gefördert worden waren und: dass dies ebenfalls über Lintners Gefdab gelaufen war. Die Gefdab habe Spesen für Aserbaidschan-Reisen übernommen, erklärte einer der beiden Politiker. Warum unterstützt die Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen Aktivitäten in Belgien? Eduard Lintner will dazu nur sagen, dass diese Entscheidung nicht bei ihm gelegen habe. Allerdings war und ist er der Geschäftsführer der Gefdab. Wer, wenn nicht er, trifft denn dann die Entscheidungen? Jemand in Baku?
Die Affäre um die Aserbaidschan-Connections der CDU/CSU ist längst nicht aufgeklärt, im Gegenteil. Mit jedem neuen Puzzlestück wirkt sie verheerender.
In Belgien hatten die Zahlungen aus Aserbaidschan bereits Folgen: Der Politiker Alain Destexhe trat am Samstag aus dem Europarat zurück. Auch Karin Strenz wird nicht ewig auf Tauchstation bleiben können. Sie wird sich erklären müssen.
Quelle:[Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar. Jetzt registrieren...]
Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 09:12 Uhr.