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03.12.24, 11:13
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Super Moderatorin
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Assad hat sich nach Moskau abgesetzt – die dramatischen Stunden im syrischen Bürgerkr
Zitat:
Radikal-islamistische Rebellen erobern in Syrien derzeit Städte im Rekordtempo. Die Verbündeten von Assad, Russland und der Iran, können nur tatenlos zuschauen. Grund für den Erfolg der Überraschungs-Offensive könnte ein Deal mit einem dritten Mächtigen sein.
Es ist kaum zu glauben, mit welchem rasanten Tempo die radikal-islamistische Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und ihre verbündeten Milizen seit Beginn ihrer Überraschungsoffensive am Mittwoch weiter Dörfer, Städte und Militärbasen in Syrien einnehmen. Sie haben dabei nicht nur massenweise Munition und zahlreiche Panzer erobert, sondern auch Flugabwehrsysteme und sogar Kampfflugzeuge.
Innerhalb von nur 48 Stunden marschierten die Rebellen in Aleppo ein, einer der größten Städte des Landes. Danach folgten Saraqib, Maaratal-Nurman und Kahn Shaykun entlang der M5-Autobahn, die bis ins südlich gelegene Damaskus weiterführt. Am Samstagabend setzten die Rebellen den vorläufigen Schlusspunkt mit dem Eindringen in die Ein-Millionen-Einwohner große Stadt Hama.
Die Offensive mit Tausenden von Truppen und Hunderten von Fahrzeugen erweist sich als ein Blitzkrieg. Fast könnte man meinen, die Tage des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und seines Regimes sind gezählt. Denn sollten die islamistischen Rebellen weiter so schnell vorankommen, könnten sie im Laufe der kommenden Woche die syrische Hauptstadt erreichen.
Zumal auch noch Unterstützung von der syrischen Nationalen Armee (SNA) kommt. Diese Söldnerarmee der Türkei hat im Norden im Grenzgebiet eine zweite Front eröffnet. Die Gegner sind kurdische und arabische Verbände der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die Streitkräfte der autonomen Administration im Nordosten des Landes sind seit einigen Jahren bei Tel Rifaat zum Schutz von Zehntausenden von kurdischen Binnenflüchtlingen stationiert.
Der Grund für den überwältigenden Erfolg der Offensive war zum einen das Überraschungsmoment und die Disziplin der gut ausgerüsteten Islamisten, die nichts mehr mit den chaotischen Rebellenmilizen vergangener Zeiten gemein haben. Die Spezialeinheiten haben jahrelanges Training hinter sich, kämpfen mit neuesten Gewehren und Nachtsichtgeräten. Auch FPV-Drohnen kommen zum Einsatz und das so geschickt, wie man dies aus der Ukraine kennt.
Der Hauptfaktor für das schnelle Vorgehen ist jedoch der fehlende Widerstand der syrischen Regierungsarmee und der verbündeten Schiitenmilizen aus dem Iran, Irak sowie Libanon. Die syrische Militärführung hatte zuerst den Rückzug aus Aleppo angekündigt und dies mit dem Argument der „Umgruppierung“ gerechtfertigt. Danach soll jedoch der Befehl gefolgt sein, sich aus anderen Orten ebenfalls kampflos zurückzuziehen.
Selbst die Großstadt Hama wurde nicht ausreichend verteidigt. Stattdessen kam die Anordnung, sich bis ins 45 Kilometer weiter südlich gelegene Homs zurückfallen zu lassen. Von dort könne man eine Gegenoffensive planen, wie es hieß. Nur so ist zu erklären, warum Aleppo und anderen Städte derart rasant in Rebellenhände fielen.
Auch die Soldaten Russlands leisteten keinerlei Gegenwehr, obwohl Moskau neben dem Iran ein wichtiger Verbündeter des Assad-Regimes ist und 2015 militärisch in Syrien interveniert hat. Russische Kampfflugzeuge bombardieren zwar die vorstoßenden Islamisten, aber lange nicht genug, um sie aufzuhalten. Russland hat Teile seiner Luftflotte aus Syrien für den Ukraine-Krieg abgestellt.
Zudem räumten russische Bodentruppen sämtliche Basen und dies mit kalkulierten Zeitabstand vor den Angriffen der Rebellen. Dies geschah selbst in Orten wie Deiressor, das über 300 Kilometer weit vom Geschehen entfernt am Euphrat liegt.
Die syrische Armee hat es den Russen im Grenzgebiet zur Türkei gleichgemacht. Plötzlich waren alle Verteidigungsstellungen verlassen. Damit wurde der Weg für die türkische Söldnerarmee freigemacht. Denn mit syrischen und vor allen Dingen russischen Soldaten wäre das Grenzgebiet für die attackierenden Einheiten der SNA-Söldner eigentlich eine Verbotszone gewesen.
Das Verhalten der russischen und syrischen Truppen erinnert an das der US-Regierung in der Amtszeit von Präsident Donald Trump. Er hatte am 6. Oktober 2019 den Rückzug der in Nordostsyrien stationierten amerikanischen Soldaten angeordnet, und zwar aus genau diesen Gebieten, die die syrischen Milizen der Türkei danach angriffen.
Die Invasion in die Region der von Kurden dominierten Selbstverwaltung dauerte acht Tage. Mehr als 70 Zivilisten wurden getötet und über 300.000 Menschen vertrieben. Es kam zu mehreren Kriegsverbrechen der Islamistenverbände der SNA, die Zivilisten bestialisch ermordeten. Die Türkei bekam jedoch am Ende ihre 30 Kilometer tiefe Pufferzone. Die betroffenen US-Soldaten waren konsterniert, weil sie über fünf Jahre lang gemeinsam mit kurdischen, arabischen und assyrischen Kameraden der SDF die Terrormiliz des Islamischen Staats (IS) bekämpft und besiegt hatten.
Bisher ist unklar, ob es zwischen Moskau und Ankara einen Deal gab, wie dies damals Trump gemacht hatte. Aber es ist zu vermuten, dass es in irgendeiner Form zu einer Einigung kam. Denn Quellen aus Idlib zufolge wollte HTS bereits vor Monaten eine Offensive starten, aber die Türkei habe ihre Zustimmung verweigert. Sie soll gedroht haben, die Grenzen nach Idlib komplett zu schließen und dies selbst für die Behandlung von Verwundeten in türkischen Krankenhäusern. Ohne Unterstützung der Militärmacht Türkei kann eine Offensive in Syrien schlecht funktionieren.
Was den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nun umstimmte, ist unklar. Von offizieller Seite hieß es, der Grund für die Offensive seien die verstärkten Angriffe des syrischen Regimes auf Idlib in den vergangenen Wochen. Sie seien ein Verstoß gegen die Bedingungen des 2020 vereinbarten Waffenstillstands. Die Türkei und Russland hatten gemeinsam ein Abkommen vermittelt, das vier Jahre lang hielt und den Eindruck vermittelte, der Konflikt zwischen Rebellen und Regime sei eingefroren.
Von Russland kam ungewöhnlich wenig zu den aktuellen Ereignissen in Syrien. Man hoffe, der Verbündete werde baldmöglichst die „Ordnung“ in Aleppo restaurieren, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Zu Syriens Staatsoberhaupt Assad könne er gar nichts sagen, betonte Peskow. Dabei soll sich der Präsident mit seiner Familie bereits seit Donnerstag in Moskau aufhalten und scheint bisher keine Absichten zu haben, in seinen Palast in Damaskus zurückzukehren. Man kann bisher nur spekulieren, warum die Assad-Familie in Moskau weilt. Der Grund könnte eine Behandlung der krebskranken Präsidentengattin sein oder vielleicht doch schwerwiegende politische Gründe.
Am Samstag telefonierte der russische Außenminister Sergej Lawrow mit seinem iranischen Amtskollegen Abbas Araghchi. Beide waren sich einig, dass angesichts der „Terroroffensive“ die gemeinsamen Anstrengungen zur Stabilisierung der Lage in Syrien verstärkt werden müssen. Auf dem russischen Luftwaffenstützput Hmeimim in der Nähe Lattakias sollen inzwischen mehrere Militärtransportmaschinen aus Russland und Iran gelandet sein. Aber sonst ist kaum etwas zu bemerken, dass Moskau und Teheran das Blatt wenden möchte.
Die Assad-Regierung befindet sich in einer der schlimmsten Krisen seit Beginn des syrischen Bürgerkrieges, in dem mindestens 500.000 Menschen ums Leben kamen und fast sechs Millionen Menschen ins Ausland flüchteten. Das Regime scheint schwächer als je zuvor zu sein. Das Land erlebt eine katastrophale Wirtschaftskrise. Ein Großteil der Bevölkerung ist verarmt.
Auch seine Verbündeten sind derzeit nicht in der Lage, wie gewohnt zu Hilfe zu kommen. Russland ist mit dem Ukraine-Krieg überfordert. Der Iran und seine Milizen sind auf den Konflikt mit Israel im Gazastreifen und im Libanon fokussiert. Die israelischen Luftschläge im Zuge des Gaza-Kriegs haben die militärische Infrastruktur des Irans und auch der libanesischen Hisbollah in Syrien signifikant dezimiert.
Wie es in Syrien weitergeht, kann niemand vorhersehen. Die Lage ist weiter unberechenbar. So sollen am Samstagabend in Damaskus in der Nähe des Generalstabs Explosionen und Schüsse zu hören gewesen sein. Der staatliche Fernsehsender SANA war nicht mehr zu empfangen.
Es kursierten Gerüchte über einen Staatsstreich. Brigadegeneral Hassam Louka, der Chef der Generaldirektion für Sicherheit, soll versucht haben, den Präsidenten zu stürzen. Der Coup sei jedoch gescheitert, wie es hieß, Louka und einige Mitstreiter seien in Haft. Inwieweit dies tatsächlich der Wahrheit entspricht oder eben nur Gerüchte sind, ist noch unklar.
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