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StarlessAeon
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Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Institut für deutsche Philologie
Lehrstuhl für Volkskunde/ Europäische Ethnologie
Sommersemester 2006



Die Geschichte des Theaterbaus
Hauptseminar:
Vom Volksschauspiel zum Boulevard.
Eine Kulturgeschichte des populären Theaters.

Dozent:
Prof. Dr. Christoph Daxelmüller

Verfass von:
mir

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 2

2 Anfänge des Theaterbaus 2
2.1 Italien – Wiege des Theaterbaus 2
2.2 Verbreitung in Europa 3

3 Theaterbau in Deutschland 5
3.1 Höfisch-absolutistischer Theaterbau 6
3.2 Höfisch-öffentlicher Theaterbau 7
3.3 Bürgerlicher Theaterbau 9

4 Formen des Theaterbaus 10
4.1 Theaterbau bis ausgehendes 19. Jahrhundert 10
4.1.1 Der Bühnenraum 10
4.1.2 Der Zuschauerraum 11
4.1.3 Maschinerie und Beleuchtung 13
4.1.4 Reformtheater 14
4.2 Moderner Theaterbau 15

5 Theaterbau in Würzburg 16
5.1 Höfisches Theater 16
5.2 Höfisch-öffentliches Theater 17
5.3 Nach dem Zweiten Weltkrieg 18

6 Abschließende Betrachtung 19

7 Literaturverzeichnis 20

8 Abbildungsnachweis 20




1 Einleitung

Die Geschichte des Theaterbaus ist verglichen mit der Geschichte des Theaters selbst recht jung. Dennoch lässt sich aufgrund der vielen verschiedenen Strömungen und Ausformungen nur schwer ein prägnanter Überblick erarbeiten. Daher beschränkt sich die Zusammenfassung über die bauliche Geschichte des Theaters im Folgenden nur auf die wichtigsten Entwicklungsstufen und Ausformungen und hier insbesondere auf die deutsche Theaterbaugeschichte. Das Hauptaugenmerk der Arbeit liegt dabei nicht auf der spezifischen architektonischen und kunsthistorischen Gestaltung, sondern in erster Linie auf der historischen Entwicklung im Allgemeinen. Eine genauere architektur- beziehungsweise kunsthistorische Betrachtung würde den Umfang dieser Arbeit sprengen und kann nur am Rande berücksichtigt werden.
Zunächst wendet sich die Arbeit den Anfängen des Theaterbaus zu und untersucht hierbei vor allem die Rolle Italiens. Mit der Entstehung und Verbreitung des Humanismus breitet sich ab dem 16. Jahrhundert eine Welle der Theaterbegeisterung in Europa aus. Inwiefern dabei Italien zum richtungsweisenden Vorbild im Bereich des Theaterbaus geworden ist, wird näher beleuchtet und im weiteren Verlauf anhand der deutschen Theaterbaugeschichte dargestellt. Ferner wird anschließend ein Überblick über die Grundformen der Bühne, des Zuschauerraumes, der Maschinerie und Beleuchtung gegeben. Abschließend werden am Beispiel der Würzburger Theaterbaugeschichte die wichtigsten Stationen der Geschichte des Theaterbaus noch einmal anschaulich dargestellt.


2 Anfänge des Theaterbaus

2.1 Italien – Wiege des Theaterbaus
In der theatergeschichtlichen Entwicklung ist die Renaissance der Ausgangspunkt aller ausschlaggebenden Entwicklungen. Entscheidend war hierbei die Entstehung des Humanismus Ende des 15. Jahrhunderts in Italien. Dort hat der enorme wirtschaftliche Aufschwung durch den Orienthandel und der daraus resultierende Reichtum die mittelalterlichen Verhältnisse am frühesten erschüttert. Man suchte auch im kulturellen Bereich nach einer neuen Ordnung. Dies führte zu einer Wiedergeburt des klassischen Altertums. Die Künstler entdeckten die Kunstwerke und die Literatur der Antike neu und machten sie zu ihrem Vorbild. 1486 wurde in Rom mit der ersten Aufführung einer Seneca-Tragödie und einer Plautus-Komödie der Grundstein zur „Renaissance“ des Theaters gelegt. Aufgeführt wurden antike Stücke zunächst nur im Freien, auf Stadtplätzen, in Palasthöfen und dann auch in Sälen. Im Bestreben, das antike Theater wiederzubeleben, studierte man in der Renaissancezeit eifrig die Beschreibungen der antiken Architektur des römischen Baumeisters Vitruv. Nach Vitruvs Vorgaben an die Bühnenform wurde erstmals 1508 in Ferrara eine feste Bühne in einem geschlossenen Raum erbaut, die ausschließlich für Theateraufführungen genutzt wurde. Bespielbar war nur die breite, jedoch wenig tiefe Vorbühne. Auf der steil ansteigenden Hinterbühne befand sich ein Szenenaufbau, der bloße Schauarchitektur war und durch die Perspektive Tiefe vortäuschte. Vor einem im Hintergrund gemalten Prospekt stellte man Dekorationen aus jeweils zwei mit Leinwand bezogenen Holzrahmen.
1580 begann man schließlich das erste Saaltheater nach antikem Vorbild zu planen, das „Teatro Olimpico“ in Vicenza. Der Zuschauerraum des Teatro Olimpico, der fast 2000 Menschen Platz bietet, hat eine halbovale Form und schließt mit seinen dreizehn Sitzstufen direkt an die Bühnenwand an. Für die in der Folgezeit erbauten Theater gilt das Teatro Olimpico als Vorbild und das nicht nur Italien, sondern auch im übrigen Europa, in dem sich langsam der von Italien ausgehende Humanismus durchsetzt.

2.2 Verbreitung in Europa
Die Saaltheater der italienischen Fürstenhöfe und Akademien wurden richtungsweisend für Struktur und Ausformung des Theatergebäudes in ganz Europa. Höfische Saaltheater dieser Zeit waren im Allgemeinen nach italienischem Vorbild aufgebaut. Der Bologneser Architekt Sebastiano Serlio beschreibt im zweiten Buch seines Architekturtraktats von 1545 einen Theaterplan, der für die höfischen Saaltheater maßgeblich wurde: Über längsrechteckigem Grundriss sind die halbkreisförmig angelegten Sitzstufen für die Zuschauer dem erhöhten ansteigenden Bühnenbereich vorgelagert und vom Proszenium durch eine Orchestrazone getrennt. In engem Anschluss an Vitruv übernahm er so die Dreiteilung des römischen Theaters.
Das Studium und die Wiederbelebung antiker Theaterstücke weckte von Italien ausgehend nun zunehmend auch in anderen europäischen Ländern das Bedürfnis, dem Theater auch ein angemessenes Haus zu geben. Um 1550 vollzog sich schließlich der Wandel von nur kurzfristig genutzten Saaleinbauten hin zu den permanenten Theaterräumen.
Mit der Antikenbegeisterung der Renaissance ging eine Belebung der Theaterkultur einher und im Zuge der antiken Studien entstand auch die Kunstform der Oper, deren rasche Verbreitung in Europa die Entstehung fester Theaterbauten maßgeblich vorantrieb, schon allein aufgrund der vielen hierfür erforderlichen Kulissen und Effektmaschinen. So wird berichtet, dass die Gelehrten und Künstler, die sich im Florenz der 1580er Jahre trafen, über die entscheidende Frage, wie die griechische Tragödie beschaffen gewesen sei – ob durchkomponiert oder nur in Chorpartien gesungen – zu dem Schluss gekommen sind, es müsse sich um einen instrumental begleiteten Sologesang gehandelt haben. Im Florentiner Karneval 1597/98 wurde dann, gewissermaßen im experimentellen Nachvollzug eine imaginierte antike Tragödie, die erste „Oper“ – der Name bürgerte sich erst ab 1640 ein – aufgeführt. Im Zuge einer Perfektionierung im Laufe des 17. Jahrhunderts entwickelte sich das neue Genre. Von Italien ausgehend, wo die Oper insbesondere in Florenz und Rom, Venedig und Neapel gepflegt wurde, gelangte sie seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an alle europäischen Höfe, die es sich leisten konnten und deren Angehörige sie oft auf ihren Italienreisen kennen gelernt hatten.
Nicht nur die Angehörigen der Adelshäuser sorgten für eine rasche Verbreitung der Oper und des damit verbundenen Theaterbaus, sondern gerade auch architekturinteressierte Italienreisende trugen mit ersten theaterbaulichen Schriften nicht unwesentlich dazu bei. Der Ulmer Ratsherr und Stadtbaumeister Joseph Furttenbach (1591-1667), quasi der Begründer der deutschen Theaterbautheorie, war während seiner Italienreisen von 1607 bis 1620 beeindruckt von der perspektivischen Bühnendekoration und den Verwandlungsmöglichkeiten des italienischen Theaters. Nach dem Vorbild des italienischen Saaltheaters errichtete er 1641 das Theater im Binderhof in Ulm. Furttenbach übernahm dabei das bis Ende des 16. Jahrhunderts in Italien übliche System der Telaribühne: Mittels drehbarer Dreiecksprismen konnte ein schneller Szenenwechsel ermöglicht werden. Die drehbaren Dreiecksprismen ermöglichten mit dem austauschbaren Hintergrundprospekt erstmals einen schnellen Schauplatzwechsel. Die auf drei Seiten mit einer eigenen Dekoration bemalten, in der Senkrechten um sich drehbaren Prismen standen auf beiden Seiten der Bühne in einer Anzahl von drei oder fünf. Während einer Szene konnten die der Bühne abgekehrten Flächen mit einer neuen Dekoration versehen werden. Bei dieser Art der Verwandlung brauchte jedes Prisma einen eigenen Bühnenarbeiter.
Vor Einführung des Telarisystems war die Winkelrahmenbühne vorherrschend, bei der im stumpfen Winkel miteinander verbundene Holzrahmen mit Leinwand bespannt und perspektivisch bemalt wurden. In der Regel standen drei Winkelrahmen an jeder Seite der Bühne hintereinander, durch Gassen getrennt und auf der schräg ansteigenden Bühne nach hinten kleiner werdend. Während des Stückes war die Dekoration jedoch nicht austauschbar.


3 Theaterbau in Deutschland

Im Folgenden wird zunächst ein geschichtlicher Überblick über die Entwicklung des Theaterbaus in Deutschland gegeben. Hierbei richtet sich der Blick insbesondere auf die Bauherrenträgerschaft und die ideengeschichtlichen Hintergründe. Die theaterbaugeschichtliche Entwicklung in Deutschland ist in gewisser Weise als Rezeption der italienischen Baugeschichte zu sehen. In der Regel handelt es sich in Deutschland um italienisch geprägte Anlagen.

3.1 Höfisch-absolutistischer Theaterbau
Der Topos vom Theatrum mundi erfährt im 17. Jahrhundert eine bis dahin beispiellose Verallgemeinerung. Das Leben an den europäischen Höfen wurde wie eine Theateraufführung inszeniert. Ob es sich um das strenge spanische oder um das französische Hofzeremoniell handelte, in allen Fällen wurde das Auftreten bei Hof wie ein theatralischer Auftritt inszeniert. Diese Theatralisierung des Lebens fand im höfischen Fest ihre letzte Steigerung. Jeder Festraum wurde zur Bühne. Das Leben wird in dieser Zeit als Schauspiel betrachtet, weil es vergänglich ist und die Welt als Bühne, weil sie nur Schein ist. Theater und Welt, beziehungsweise menschliches Leben haben also die Attribute Vergänglichkeit und Scheinhaftigkeit gemeinsam. Das Theater ist daher imstande, als perfekte Repräsentation der Welt zu fungieren.
Die höfischen Feste des 17. Jahrhunderts dienten weniger dem Streben nach äußerer Pracht und Befriedigung persönlicher Eitelkeiten, noch der Flucht vor der Langeweile. Sie sind vielmehr auf die politische Funktion und Bedeutung bezogen, die den Höfen im absolutistischen Herrschaftssystem zugebracht war. Sie repräsentieren auf nahezu ideale Weise das Gottesgnadentum des absolutistischen Fürsten sowie den politischen Anspruch seines Hofes als Machtzentrum gegenüber dem eigenen Adel sowie auch gegenüber fremden Höfen. Theateraufführungen machten daher einen festen Bestandteil höfischer Feste aus.
Im Allgemeinen lag der Theaterbau in Deutschland bis ans Ende des 18. Jahrhunderts sowohl theoretisch als auch praktisch zunächst ganz im Aufgabenbereich des fürstlichen Absolutismus: Zur Unterhaltung und vor allem zu Repräsentationszwecken hatten die
Höfe einen stetig steigenden Bedarf an derartigen Darbietungen und nur die Höfe konnten die enormen Kosten eines Theaterbetriebes tragen. Doch nur wenigen Höfen gelang vor 1700 der Einstieg in die Theaterkultur, wie zum Beispiel den Höfen in Wien, München, Dresden und Hannover, was auf deren besondere reichsrechtliche Stellung und den damit verbundenen finanziellen Spielraum zurückzuführen ist.
Man unterscheidet zwei Formen des höfischen Theaters: Erstens die in den Schlosskomplex eingebauten, in der Schlossarchitektur nach außen hin in keiner Weise und vor allem auch ihren Raummaßen nach nicht in Erscheinung tretenden sogenannten Schlosstheater. Zweitens die in fürstlichem Auftrag erbauten, freistehenden und selbständige Gebäude darstellenden höfischen Theater. Zu diesem zweiten Typus gibt es nur eine spärliche Überlieferung, da es sich um meist schnell errichtete, in einfacher Bauweise ausgeführte Objekte handelte, bei denen der Nutzwert im Vordergrund stand. So ist zum Beispiel das erste Münchner Opernhaus auf dem Saivatorplatz 1651 aus dem Umbau eines Kornspeichers entstanden und wurde 1802 abgerissen. Der erste überhaupt nachweisbare, in seiner Form jedoch nur rekonstruierbare eigenständige Theaterbau Deutschlands ist das Ottonium in Kassel, dass 1603-1606 errichtet wurde. Das Gebäude selbst ist zwar noch erhalten, aber es wurde schnell anderweitig genutzt.

3.2 Höfisch-öffentlicher Theaterbau
In Italien existierten bereits im 16. Jahrhundert öffentliche Theater, so zum Beispiel in Venedig. Die meist von Adeligen oder Patrizierfamilien betriebenen Theater standen gegen Bezahlung jedermann offen. Die dadurch in breiten Teilen der Bevölkerung erweckte Theaterbegeisterung führte zu zahlreichen Theaterneugründungen, so dass der Stadtrat von Venedig schon 1556 per Dekret ein Verbot für den Bau neuer Theater erlassen musste.
Deutschland hinkte in dieser Hinsicht weit hinterher, denn erst mit dem Aufkommen des Nationaltheatergedankens Ende des 18. Jahrhunderts wurden die höfischen Theater auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts wurde von den Intellektuellen verstärkt die Forderung nach Einrichtung eines „Nationaltheaters“ erhoben. Diese Idee entsprang nicht einer nationalistischen Gesinnung, sondern meinte vielmehr die Entwicklung einer deutschen Literatur, die der ausländischen, vor allem der französischen gleichwertig sein sollte. Des Weiteren standen die Artikulierung bürgerlicher Werte und bürgerlichen Selbstbewusstseins in Opposition zur höfischen Lebensform und der Appell an die Einheit der Nation jenseits der Vielstaaterei absolutistischer Fürstentümer im Vordergrund. Da sich das deutsche Bürgertum im 18. Jahrhundert nicht als kulturtragende Schicht verstand und daher auch die finanziellen Mittel zur Unterhaltung eigener Theaterbetriebe fehlten, wurde die Idee des Nationaltheaters vom Adel aufgegriffen. Zum Teil noch in Schlosssälen installiert, entstehen öffentlich zugängliche Theater, die mit dem programmatischen Prädikat „national“ ausgezeichnet werden, wie zum Beispiel 1773 in München und 1779 in Mannheim. Die Leitung des Theaters wurde einem Intendanten übertragen. Er sorgte für die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, das sich im Wesentlichen selbst tragen sollte, war für den Spielplan sowie den reibungslosen Verlauf der Aufführungen verantwortlich und organisierte alle weiteren mit dem Theaterbetrieb verbundenen Aufgaben. Der Hof blieb auch weiterhin Bauträger und Eigentümer des Theatergebäudes.
Den Fürsten ging es bei der Schaffung von Nationaltheatern nicht darum, ihren Bürgern ein deutschsprachiges Theater zu schenken, sie hatten vielmehr gute Gründe, die vor allem im desolaten Zustand der fürstlichen Kassen zu suchen sind. Da es vielfach zur finanziellen Notwendigkeit wurde, die teuren italienischen Operistengesellschaften und französischen Schauspieltruppen zu entlassen, sahen sich die Fürsten vor die Wahl gestellt, entweder ganz auf das Theater zu verzichten oder sich mit wesentlich billigeren deutschen Schauspielern zu begnügen. Daher entschied man sich für die Einrichtung deutschsprachiger Hoftheater, denen man aus politisch-strategischen Gründen den Beinamen von Nationaltheatern beilegte. Der zweite ökonomische Grund lag in dem Kalkül, mit der Einrichtung stehender, einem zahlenden Publikum zugänglicher Bühnen den Fremdenverkehr beleben zu können und auf diese Weise Geld ins Land zu holen. Ein drittes Argument zielte auf den Anspruch der Frühaufklärung, das Theater solle als Sittenschule fungieren. Wenn das Theater vom Staat getragen würde, erhielte er die Möglichkeit, über das Theater seine Bürger in seinem Sinn zu beeinflussen und zu erziehen. So werden die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstehenden öffentlichen Theater beispielsweise auch gerne mit programmatischen Gebälkinschriften über den Eingängen verziert, die auf den erzieherischen Wert der Einrichtung verweisen.
Die Emanzipation des Theatergebäudes aus dem Schlossbereich, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einsetzt, wird von fürstlichen Bauherren in unterschiedlichem Maße zugelassen. Bei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert erbauten, freistehenden Theatern stand vor allem die bequeme Zugänglichkeit und verkehrsgünstige Lage des Gebäudes, sowie der Schutz der umliegenden Häuser vor Theaterbränden, wie sie bis Ende des 19. Jahrhunderts stets gegenwärtig waren.

3.3 Bürgerlicher Theaterbau
Die bauherrliche Trägerschaft des Bürgertums gewinnt in dem Maße an Bedeutung, in dem die höfische ihren Einfluss verliert. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts stieg das Interesse des zu gewissem Wohlstand gekommenen, gehobenen Bildungsbürgertums am Theater: Es kam zur Gründung zahlreicher privatwirtschaftlicher Kapitalgesellschaften, den sogenannten Theateraktienvereinen, die entweder die bloße Betriebsführung der Bühnen, beziehungsweise die Errichtung und Unterhaltung der dafür notwendigen Gebäude in die Hand nahmen. Diese Bauherrengemeinschaft war entweder eine rein geschäftliche Interessengemeinschaft auf Aktienbasis oder eine gemeinnützige Vereinigung. Im 18. Jahrhundert gibt es für Deutschland nur sehr wenige Fälle, in denen sich eine Stadtverwaltung verpflichtet fühlte, die Aufgabe des Theaterbaus zu übernehmen, wie beispielsweise in Frankfurt am Main. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein fehlte es generell an einem kommunalen Bewusstsein für die Kulturmission des Theaters. Ende des 19. Jahrhunderts trat nun aber auch in besonderem Maße das Kommunalwesen als Auftraggeber für Theaterbauten ein.
Hoftheater- und bürgerlicher Theaterbau unterscheiden sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht in ihrem prinzipiellen Aufbau, sondern lediglich im Aufwand, mit dem die architektonische Umsetzung betrieben wird. Nicht der funktional begründete, seine innere Bestimmung im Äußeren durch deutlich von einander abgesetzte Bauglieder zeigende Theaterbau, sondern der in sich gegliederte, über streng rechteckigem Grundriss organisierte Kastentypus ist bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die verbreitetste Form im öffentlichen Theaterbau. Der Grund hierfür liegt nicht nur in der Architekturästhetik des Klassizismus, sondern auch in der theaterbaulichen Tradition, denn die Saaltheater des Barock, die meist erst nachträglich eingerichtet worden waren, wiesen alle eine deutlich oblonge, schlanke Form auf. Das längliche Viereck des Saaltheaters ist die überlieferte Grundform, der Kern, um den herum sich die neu entstandene Bauaufgabe des öffentlichen Theaters entwickelt. Zudem hat die Kastenform des Innenraums für die Baukunst des Klassizismus noch einen entscheidenden Vorzug: Sie eignet sich bestens dazu, in das Gewand des griechischen Tempels gekleidet zu werden.
Ironischerweise wird das erst Ende des 19. Jahrhunderts in der Baugattung Theater durchweg praktizierte Prinzip der Funktionalität nicht infolge einer sich durchsetzenden Architekturauffassung gültig, sondern dank der 1889 erlassenen Preußischen Polizeiverordnung. Diese macht eine funktionale Gestaltung in der Theaterarchitektur jetzt nicht aufgrund einer ästhetischen Überlegung, sondern wegen des ihm immanenten hohen Sicherheitsmoments zur Pflicht. So verordnet sie die Abtrennung der Hauptbühne von allen sie umgebenden Räumen und Gebäudeteilen, insbesondere aber vom Zuschauerhaus durch höher aufgeführte, feuerfeste Wände. Dadurch ist die Anlage eines Bühnenturmes obligatorisch geworden. Dieser, das niedrigere Vorderhaus mit dem Zuschauerraum und die noch flacher angegliederten Treppenhäuser ergeben nun die charakteristische Viergliedrigkeit des Theaterbaus.


4 Formen des Theaterbaus

4.1 Theaterbau bis ausgehendes 19. Jahrhundert
In den Grundformen unterschied sich in Deutschland ein höfisches von einem bürgerlichen Theatergebäude weder im innen- noch außenarchitektonischen Bereich. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war der Theaterbau unter formalen Aspekten betrachtet einheitlich nach italienischem Vorbild gebildet.

4.1.1 Der Bühnenraum
Vorherrschend war die Illusionsbühne, die sich seit den 1530er Jahren durchgesetzt hat. Kernstück dieser Bühnenform ist die Proszeniumszone, also der Bühnenrahmen, was dieser Bühnenform auch den Namen Guckkastenbühne eingebracht hat. Im Barock war das Proszenium meist reich verziert und mit allegorischen oder mythologischen Figuren und Emblemen geschmückt. Das eigentliche Spielpodium befand sich im vorderen Bereich der Bühne, gefolgt von einem Tiefenraum, der seinen Abschluss auf einem perspektivisch bemalten Abschlussprospekt fand. Die Entwicklung perspektivischer Bühnenbilder ausgehend von Italien im frühen 16. Jahrhundert war ein für das moderne Theater folgenschwerer Schritt. Die Antike hatte etwas vergleichbares nie gekannt, weshalb es sich bei der perspektivischen Malerei um eine echte Innovation handelt. Im ansteigenden hinteren Bühnenbereich, dem sogenannten Bühnenfall, unterstützten Kulissen aus mit Leinwand bespannten Holzrahmen die Tiefenwirkung des Abschlussprospektes. Bespielt wurden die Bühnen meist nur bis zum 3. Kulissengang, da ansonsten die Illusionswirkung der Perspektive gestört worden wäre.
Umgesetzt wurde die perspektivische Illusion mittels der Technik der Kulissenbühne, die 1628 von Giovanni Aleotti entwickelt wurde: Die Seitenwände der Bühne, also die Kulissen, sind auf der linken und rechten Seite paarweise angeordnet und hintereinander gestaffelt. Nach hinten, zur Rückseite der Bühne hin, werden sie kleiner. Die mit Rollen versehenen Kulissen ruhen in Führungsschienen, die im Bühnenboden eingelassen sind und können in ihnen hin- und hergefahren werden. Das Bühnenfeld war also aufgeteilt durch die beidseitigen Kulissenpaare, deren Anzahl sich nach der Tiefe der Bühne richtete.

4.1.2 Der Zuschauerraum
Mit den ersten öffentlichen Theatern in Italien wurden zugleich neue Erfordernisse an die Raumkonzeption gestellt: Sie verlangten eine Hierarchisierung der Sitzplätze für die unterschiedlichen sozialen Klassen, die nun Zugang fanden. Die ursprünglich amphitheatralisch angeordneten Sitzreihen der Saaltheater wurden nun durch mehrrangige Logeneinbauten ersetzt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verbreitete sich das Logentheater auch im Ausland. Dem Bürgertum war das meist ansteigende Parterre vorbehalten, in dem anfangs nur Stehplätze vorgesehen waren und erst im Lauf des 19. Jahrhunderts einfache Holzbänke aufgestellt wurden. Umrahmt wurde das Parterre von halbkreis- oder U-förmigen Logenreihen für das vornehme beziehungsweise adelige Publikum mit Sitzplätzen für meist sechs Personen. Über der letzten Logenreihe befand sich häufig eine offene, unbedeckte Galerie mit Stehplätzen für die Domestiken. Herausstechendes Augenmerk des Zuschauerraums stellt die Prunkloge des Fürsten dar: Bühnenperspektivisch hat der Monarch den besten Platz inne, um das Geschehen auf der Bühne perfekt überblicken zu können.
Die Abstufung in Ränge spiegelt also die feudale Ständegesellschaft wieder und schafft gleichzeitig wesentlich mehr Platz für die Besucher, denn das Logentheater bietet auch auf einem kleinen Grundriss ein großes Fassungsvermögen. Bei der Ausgestaltung des Zuschauerraums spielt die Zentralperspektive ebenfalls eine große Rolle. Die perspektivisch angelegte und in vollkommener Symmetrie gestaltete Bühne findet die perfekte Sichtachse von der Fürstenloge aus gesehen: Alle Linien laufen auf den Platz des Herrschers hin. Das höfische Logentheater findet seine stärkste Ausprägung in Deutschland, Italien und Frankreich. Dort ist der Absolutismus als Antriebskraft für diese Entwicklung anzusehen. Im Unterschied zu italienischen Theaterbauten tritt bei den deutschen der Repräsentationscharakter stärker in den Vordergrund.
Das Logentheater mit seiner klassenspezifischen Sitzverteilung hatte sich also schließlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts endgültig etabliert. Wenn man von den ständigen Erweiterungs- und Umbauten absieht, die unter anderem durch stetig anwachsende Publikumszahlen und diverse Feuerschutzvorkehrungen notwendig wurden, zeigen sich in den Theaterbauten bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts keine maßgeblichen Varianten. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden mit den Bemühungen um die Sichtoptimierung und gute Akustik Grundriss- und Aufrissformen neu überdacht und perfektioniert. Neben Versuchen mit der Ellipse fanden sich zahlreiche originelle Formvariationen, wie zum Beispiel die Glockenform. Im Allgemeinen hat sich aber die Hufeisenform für den Grundriss des Zuschauerraums durchgesetzt. Die Konzeption des Logentheaters wurde beibehalten und ist bis heute maßgeblich.
Architektonische Bedeutung wurde im barocken Theater vor allem dem Zuschauerraum und dem Proszenium beigemessen, während Vestibül, Foyer und Treppen reine Durchgangsräume waren. Seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts jedoch wurden in Frankreich und Italien die Eingangsräume, als wichtige Einrichtung zum angemessenen Empfang des zahlenden urbanen Publikums, ein selbstverständlicher, immer mehr Raum beanspruchender Bestandteil des öffentlichen Schauspielhauses. Auch die Treppenanlagen wurden nun dem Zustrom wachsender Besuchermengen angepasst und mussten entsprechend neu konzipiert werden. In Deutschland setzten diese Entwicklungen, die Aufwertung der Vorräume zu Aufenthaltsräumen, erst im späten 19. Jahrhundert ein.

4.1.3 Maschinerie und Beleuchtung
Das Erscheinungsbild der Bühne unterlag aufgrund der technischen Erfordernisse der immer aufwendiger gestalteten Theaterstücke und Opern ständigen Veränderungen. Zahlreiche Verwandlungsmöglichkeiten boten nicht nur die Kulissenwechsel, sondern auch der mit Klappöffnungen versehene Bühnenboden. Erscheinungen oder Verwandlungen erfolgten bevorzugt aus dem Bühnenboden. Zahlreiche Falltüren ermöglichen beispielsweise einem Gespenst an verschiedenen Stellen aufzutauchen und zu verschwinden. Meereffekte können durch bewegte Tücher, Wellenbalken, die gehoben und gesenkt werden oder durch hintereinander gestellte, mit Kurbeln versehene Drehzylinder in spiralförmiger Wellenbemalung hergestellt werden. Für die bespielbaren Wolkenprospekte stand eine weit entwickelte Obermaschinerie zur Verfügung. Die Entstehung der Stoffitten, der schmalen Stoffbahnen, die an den Zügen in der ganzen Bühnenbreite über der Spielfläche hängen und den Einblick in die Obermaschinerie verhindern, diente der Unterteilung des Bühnenhimmels, um Flugverkehr zum Himmel aufsteigen oder zur Bühne absinken zu lassen. Staunen und Verwundern ist das Ziel des Theaters – dem dienen auch Effekte wie sprudelndes oder scheinbar fließendes Wasser, sich vergrößernde Wolken, Blitz und Donner. Voraussetzung für die Perfektionierung dieser unzähligen Verwandlungsmöglichkeiten und die Verfeinerung der Effekte war ein fester Theaterraum, in dem die komplexen Apparaturen dauerhaft eingebaut werden konnten.
Da die Aufführungen im Laufe des 17. Jahrhunderts zunehmend vom Tag in den Abend beziehungsweise die Nacht verlegt wurden, bedurfte es einer künstlichen Beleuchtung, um sowohl die Bühne als auch den Zuschauerraum ausreichend zu erhellen. Die Beleuchtung wurde bereits früh differenziert gehandhabt: Kerzen und Öllämpchen dienten der Saalbeleuchtung, Kronleuchter werden nahe an der Szene aufgehängt. Hinzu kommen noch die Rampenbeleuchtung und Lichtquellen auf der Rückseite des Portals und den Dekorationsteilen. Eine Apparatur, die Zylinder aus Zinnblech vor die Kerzen senkt, ermöglichte beispielsweise Verdunkelungen.
Die Beleuchtung der Bühne und des Zuschauerraums war an sich bis zur Einführung elektrischer Lampen 1883 recht problematisch, da aufgrund der Holzbauweise gerade im Bühnenbereich große Brandgefahr bestand. Wegen großer Brandkatastrophen im Jahr 1881 im Stadttheater Nizza und im Wiener Ringtheater, kam es 1889 zur Erlassung der Preußischen „Polizeiverordnung, betreffend die bauliche Anlage und die innere Einrichtung von Theatern, Zirkusgebäuden und öffentlichen Versammlungsräume“. Der Sicherheitsfaktor von Theatergebäuden sollte demnach auf ein Höchstmaß gesteigert werden: Die Verwendung feuerfester Materialien und Konstruktionsweisen wurde verpflichtend. Die Hauptbühne soll laut Vorschrift von allen sie umgebenden Räumen und Gebäudeteilen, insbesondere vom Zuschauerhaus, durch höher hinaufgeführte, feuerfeste Wände abgetrennt werden und die Verwendung des eisernen Vorhangs wird zur Pflicht.

4.1.4 Reformtheater
Die seit Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzende Strömung des Reformtheaters versammelt zahlreiche Ideen für die formale und funktionelle Neugestaltung des Theaterbaus. Kritikpunkte am bisherigen Theaterbau waren die oft unzureichenden Sichtverhältnisse auf den seitlichen Plätzen und Logen und die häufig mangelhafte Akustik. Der grundsätzliche Reformgedanke war der, dass das Theater bisher vor allem als Zerstreuungs- und Repräsentationsmittel für gehobene gesellschaftliche Kreise diente. Das Theater sollte von nun an aber eine Bildungs- und Erziehungsstätte für das ganze Volk werden.
Das erste Reformtheater Deutschlands stellt das 1872-1876 nach Anweisungen von Richard Wagner errichtete Bayreuther Festspielhaus dar. Richard Wagner wollte ein Volkstheater und so sind im Zuschauerhaus die ständischen Gliederungen bewusst aufgehoben. Es zeigt sich damit eine konsequente Abkehr vom höfischen Logentheater. Der Zuschauerraum ist in Anlehnung an das antike Amphitheater gestaltet, was den bürgerlich-demokratischen Charakter unterstreichen soll. Bis heute ist der Gedanke des Volkstheaters mit der Form des Arenatheaters verbunden geblieben. Durch diese Neuerungen im Zuschauerraum werden die Sichtverhältnisse wesentlich verbessert, wobei aber der Betrachter mit der Aufgabe des Rangsystems bei größeren Häusern wesentlich weiter von der Bühne abrückt.

4.2 Moderner Theaterbau
Den zweiten Weltkrieg hatte zwar kaum ein Theater unbeschadet überstanden, dennoch wurde bei Neubauten in den meisten Fällen an der konventionellen Bühnenform und dem Logentheater festgehalten.
Die Ausgangsform ist also nach wie vor die Guckkastenbühne mit dem als Rang- oder Logentheater gestalteten Zuschauerhaus, die sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Zuschauerhaus und Bühne waren strikt voneinander getrennt. In der modernen Theaterbauarchitektur richten sich die Bestrebungen nun vor allem darauf, die Distanz zwischen beiden zu verringern, den Schauspieler zum Publikum zu bringen, das Publikum an das theatralische Geschehen heranzuführen, es einzubeziehen. Dabei konzentrieren sich die Bemühungen vornehmlich auf das Schauspiel. Die Oper ist bis heute in ihrer Struktur konservativ geblieben: Wegen der notwendigen Sichtverbindung wurde das Orchester mit dem Dirigenten immer auf der Nahtstelle zwischen Publikum und Bühne, im Orchestergraben, postiert. Das bedeutet, dass alle Häuser mit gemischtem Betrieb diese Anordnung nicht verlassen konnten und somit der Charakter der meisten Theaterneubauten nach dem Krieg von vornherein determiniert war. Die Vorstellung, den Regisseuren mit möglichst geringem Aufwand möglichst vielfältige Formen des Theaterspielens anzubieten, hat die Architekten seit den zwanziger Jahren immer wieder fasziniert. Erwähnenswert ist der in den zwanziger Jahren entstandene Entwurf des sogenannten Totaltheaters von Walter Gropius und Erwin Piscator: Tiefenbühne, Prozseniumsbühne und Arenabühne sind durch eine ausgeklügelte Maschinerie austauschbar und mit einander kombinierbar, womit der Entwurf wie die Summe aller divergierenden Bemühungen um eine neue Form des Theaters erscheint.


5 Theaterbau in Würzburg

Die Anfänge des Würzburger Theaterlebens reichen in die Zeit des Laienschauspiels zurück, in denen meist Studenten und Schüler der Gymnasien in Schulräumen Theater spielten. Außer diesen Schulaufführungen gab es zeitweise auch öffentliche Theateraufführungen, als die Jesuiten das Schuldrama des Humanismus wieder aufnahmen und weiterentwickelten. 1567 waren die Jesuiten von Bischof Friedrich von Wirsberg (1558-1573) nach Würzburg geholt worden, um am neu errichteten Gymnasium in der Grammatik, in den freien Künsten, in der Philosophie und Theologie zu unterrichten. Die Schauspiele der Jesuiten fanden in der Karwoche statt, zu Ostern und am Fronleichnamstag, zum Fest der Marianischen Kongregation, bei Jubiläen und anlässlich hoher Besuche, regelmäßig aber im Frühjahr und Herbst. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Herbstspiele. Sie fanden jeweils am Ende des Schuljahres unter Leitung des Rethoriklehrers statt und sollten die Leistungen der Schüler auszeichnen. Das erste Jesuitenschauspiel in Würzburg ist für das Jahr 1570 belegt. Die letzte Nachricht von einem Jesuitenspiel fällt in das Jahr 1769. Allerdings wurden auch weiterhin Spiele, besonders Schäferspiele allegorischer Natur von Schülern des Gymnasiums aufgeführt.

5.1 Höfisches Theater
Fürstbischoff Johann Phillip von Schönborn (1642-1673) richtete auf dem Schloss Marienburg die erste Würzburger Hofbühne ein, die der Unterhaltung des Hofes diente. Mit dem Tod des Fürstbischoffs fand dieses erste Theater jedoch sein Ende. Auch die folgenden Schönborn und Fürstbischoff Greiffenklau veranstalteten Theateraufführungen. Diese fanden meist in einem festen Gebäude oder Saal statt, beispielsweise in dem in der Nähe der Hofpromenade stehenden Ballhaus, das sonst zu Ballspielen verschiedener Art der geistlichen und weltlichen Hofkavaliere diente und später die Orangerie wurde.
Um 1770 schuf Peter Franz Ilgener in einem Holzgebäude am Ochsentor ein Theater, in dem deutsche Schauspiele aufgeführt wurden. Einen weiteren Schritt in Richtung auf ein festes Theater tat dann Fürstbischoff Adam Friedrich von Seinsheim (1755-1779), indem er sich im Weißen Saal der Residenz ein kleines Hoftheater aufbauen ließ. Seinsheims Nachfolger, Franz Ludwig von Erthal, entschiedener Gegner jeder Sinneslust, hob diese Bühne wieder auf. Er und Fürstbischoff Georg Karl von Fechenbach, der letzte Fürstbischof Würzburgs, verkauften die Kostüme und Requisiten und verboten jegliches Schauspiel als „sittengefährlich“.

5.2 Höfisch-öffentliches Theater
Ungefähr zur selben Zeit hatte der Bamberger Hofschauspieler Daniel Gottlob Quandt Pläne für eine „Provinzial-Schaubühne für Franken“ entwickelt und unter der bayerischen Regierung 1803 schließlich das Recht erhalten, in Bamberg und Würzburg 25 Jahre lang als einziger ein Theater zu betreiben. Von Quandt erwarb der Reichsgraf und ehemalige preußische Minister Julius von Soden dieses Privileg. Da Würzburg keine geeigneten Gebäude für die Errichtung einer ständigen Bühne zur Verfügung hatte, beauftragte Soden den Hofdirektor und Ingenieurhauptmann Johann Andreas Gärtner mit der Planung eines Schauspielhauses. Zum Bau kam es jedoch nicht, da Soden in der Zwischenzeit das 1750 nach Plänen Balthasar Neumanns erbaute ehemalige Damenstift für adelige Fräulein auf dem Graben erwerben konnte. Am 3. August 1804 wurde das Theater schließlich eröffnet.
Das Würzburger Stadttheater bot bei der Eröffnung schätzungsweise 800 Sitzplätze. Der hohe, im Verhältnis zu seiner Breite recht langgestreckte Zuschauerraum war mit einer Dreiranganlage ausgestattet, der sich eine schmale Proszeniumszone vorlagerte. Die senkrecht übereinanderliegenden Ränge waren freitragend konstruiert, lediglich der rückwärtige Teil des ersten Ranges ruhte auf einer Reihe schmaler eiserner Stützen. In der Mitte des Ranges war eine Galaloge mit Baldachinbekrönung und leicht vorgewölbter Brüstung ausgespart. Die schmale Proszeniumsanlage fasste seitlich in architektonischer Rahmung je drei Proszeniumslogen ein. Der Orchestergraben griff über die schmale Proszeniumszone hinaus in das Parkett ein. Rangbrüstungen und Proszeniumsarchitektur zeigten ein spätklassizistisches Rankendekor.
Kaum war das Würzburger Theater eröffnet, begann auch schon der Kampf um die finanzielle Erhaltung des Betriebs. Die dauernde Gefährdung und Labilität der Bühne konnte in den nächsten Jahrzehnten nicht verbessert werden und auch eine Theaterfusion Würzburg-Aschaffenburg brachte keine Lösung. Im Verlauf der Jahre wechselten sich die Besitzer und Leiter des Theaters häufig ab, bis schließlich am 7. Februar 1843 die Stadt Würzburg das Theatergebäude mit allen Nebengebäuden kaufte.

5.3 Nach dem zweiten Weltkrieg
In der Bombennacht vom 16. März 1945 wurde das Würzburger Stadttheater komplett zerstört. Doch schon Ende des gleichen Jahres wurde wieder inmitten von Ruinen und Trümmern Theater gespielt. Dieses erste provisorische Nachkriegstheater, ein Privatunternehmen unter Leitung von Hans Scherer, unternahm Wanderfahrten durch Unterfranken, spielte in einem ehemaligen Arbeiterdienstlager und zog dann in einen erhalten gebliebenen Gymnastikraum der Lehrerbildungsanstalt am Wittelsbacherplatz ein. Zu Beginn des Jahres 1950 entschloss sich der Stadtrat Würzburg, das Würzburger Theater wieder in städtische Regie zu übernehmen. Hans Scherer wurde am 12. Januar 1950 zum städtischen Intendanten bestellt. Am 15. Februar 1950 fand die erste Vorstellung dieses neuen städtischen Theaters am Wittelsbacherplatz statt.
Schon im Jahr 1947 begann die Suche nach einem Bauplatz für ein neues Theatergebäude, um das Provisorium am Wittelsbacherplatz zu beenden. Vom alten Gebäude war nur eine Ruine übriggeblieben, zudem musste der Platz des alten Theaters weitgehend der städtebaulichen Neuordnung Würzburgs geopfert werden. Doch es dauerte noch einige Jahre, bis eine Entscheidung über den Neubau des Theaters herbeigeführt werden konnte. Am 5. Mai 1958 fasste der Stadtrat den Beschluss, wieder ein Gebäude für das städtische Theater zu errichten und mit der Verwirklichung dieses Entschlusses alsbald zu beginnen. Dieser Beschluss konnte nicht gefasst werden, ohne dass vorher einige grundsätzliche Fragen beantwortet wurden. Es musste zum Beispiel die Frage geklärt werden, ob Würzburg überhaupt noch ein Theater brauche. Zweifel bestanden insofern, als dass die Besucherzahlen in den letzten Jahren keine sehr ansteigende Entwicklung aufwiesen. Auch stand die Frage nach einem geeigneten Bauplatz nach wie vor unbeantwortet zur Debatte. Alle Überlegungen kreisten immer wieder um den „Alten Bahnhof“ aufgrund der Nähe zur Residenz und dem alten Theatergebäude. Schließlich begannen am 25. Mai 1962 die Bauarbeiten am neuen Würzburger Theater nach den Plänen des Dortmunder Architekten Hans Joachim Budeit. Die feierliche Eröffnung fand schließlich am 4. Dezember 1966 statt.
Das Haus ist als Rangtheater konzipiert mit einem sich breit öffnenden Parkett, das dennoch hinreichende Sichtmöglichkeiten bietet. Insgesamt finden 756 Zuschauer Platz, davon 568 im Parkett, 164 im 1. Rang und 24 in den Logen. In der Eingangshalle wurde der Versuch unternommen, den Platz vor dem Theater durch die Beibehaltung des Kleinpflasters und die Einfügung eines Innenhofes weiterzuführen.


6 Abschließende Betrachtung

Der kurze Überblick über die Würzburger Theatergeschichte hat noch einmal die wichtigsten Stationen der baugeschichtlichen Entwicklung des Theaters seit dem 16. Jahrhundert veranschaulicht. Das Theater stand zunächst ganz im Aufgabenbereich des Adels, diente vor allem als Repräsentationsmittel und der Unterhaltung höfischer Kreise. Ausgelöst durch finanzielle Krisen öffnen die Höfe ihre Theater einem zahlungskräftigen Bürgertum, das schließlich nach und nach selbst Theater erbauen lässt, bis schließlich auch die Städte selbst sich dieser Aufgabe annehmen.
Besonders auffällig ist, dass sich die Form der Bühne und des Zuschauerraums bis heute kaum geändert hat. Meist wird das Logentheater mit den Formen des Arenatheaters vermischt, wie zum Beispiel auch beim 1966 eröffneten Würzburger Theater. Architektonisch gibt es zwar zahlreiche Experimente, dennoch finden alle in den Grundformen zu ihren antiken, beziehungsweise humanistischen Wurzeln zurück.



7 Literaturverzeichnis

- Albrecht, Siegfried: Teatro. Eine Reise zu den oberitalienischen Theatern des 16.-19. Jahrhunderts. Marburg 2001.
- Daniel, Ute: Hoftheater. Zur Geschichte des Theaters und der Höfe im 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart 1995.
- Fischer-Lichte, Erika: Kurze Geschichte des deutschen Theaters. Tübingen² 1999.
- Matthes, Isabel: „Der allgemeinen Vereinigung gewidmet“. Öffentlicher Theaterbau in Deutschland zwischen Aufklärung und Vormärz. Tübingen 1995.
- Reus, Klaus-Dieter (Hrsg.): Faszination der Bühne. Barockes Welttheater in Bayreuth 1999.
- Rottenbach, Bruno (Hrsg.): Festschrift zur Eröffnung des Würzburger Stadttheaters am 4. Dezember 1966.
- Schubert, Hannelore: Moderner Theaterbau. Internationale Studien, Dokumentation, Projekte, Bühnentechnik. Stuttgart 1971.
- Schulz, Wolfgang: Theater in Würzburg 1600-1945. Eine soziokulturelle Untersuchung. Würzburg 1970.
- Zielske, Harald: Die Anfänge der Theaterbautheorie in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert. In: Badenhausen, Rolf/Zielske, Harald (Hrsg.): Bühnenformen, Bühnenräume, Bühnendekorationen. Beiträge zur Entwicklung des Spielortes. Berlin 1974.
- Zielske, Harald: Deutsche Theaterbauten bis zum Zweiten Weltkrieg. Typologisch-historische Dokumentation einer Baugattung. Berlin 1971.


8 Abbildungsnachweis

Abb. 1: Reus, Klaus-Dieter (Hrsg.): Faszination der Bühne. Barockes Welttheater in
Bayreuth 1999, S. 49.
Abb. 2: Ebd., S. 36.
Abb. 3: Ebd., S. 36
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