[MotherFocker]

Nach hitziger Debatte
Bundestag stimmt für Wahlrechtsreform
Aktualisiert am 17.03.2023 - 12:12 Uhr


Der Bundestag soll künftig kleiner werden. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)

Jahrelang gelang es nicht, das deutsche Wahlrecht zu reformieren. Nun hat der Bundestag ein neues Gesetz beschlossen.

Der Bundestag hat nach jahrelangem Streit eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Ein Entwurf von SPD, Grünen und FDP erreichte am Freitag in Berlin die erforderliche einfache Mehrheit. 400 Abgeordnete stimmten für die Reform. Wie die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoguz (SPD) mitteilte, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Parlamentarier enthielten sich.

Die Union und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt. Sie kündigten jeweils eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Politiker der Opposition warfen den Ampel-Fraktionen in der vorangegangenen Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestages vor, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt maßgeschneidert. Sebastian Hartmann (SPD) sagte dagegen, Ziel des Vorhabens sei "ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht".

Vorwurf gegen Ampel: "Reform für sich selbst"

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und "das Existenzrecht der CSU" infrage zu stellen. "Sie machen hier eine Reform für sich selbst", um den "Machtanspruch der Ampel" zu zementieren.

Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden. Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine Aufblähung des Bundestages.

Strikte Fünf-Prozent-Klausel

Zudem soll eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Wird die Klausel gestrichen, könnte das, je nach Wahlergebnis, künftig auch Konsequenzen für die CSU haben, deren Direktkandidaten in Bayern traditionell die meisten Wahlkreise gewinnen.

"Ich wusste nicht, dass die CSU die Fünf-Prozent-Hürde fürchtet", bemerkte die Fraktionschefin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, süffisant. Um dieses Risiko zu minimieren, könnten CDU und CSU bei Wahlen künftig als Parteienverbund antreten oder eine Liste eingehen.

Ampel wollte ursprünglich Sollgröße von 598

Ursprünglich wollte die Ampel das Parlament sogar wieder auf die Sollgröße von 598 Abgeordneten reduzieren. Nachdem die Union diesen Vorschlag von SPD, Grünen und FDP abgelehnt hatte, der die Streichung der Grundmandatsklausel noch nicht vorsah, präsentierte die Ampel die neue Variante. Das sei das Werk der SPD, die sich davon einen Vorteil erhoffe, nach dem Motto "erst die Partei, dann das öffentliche Wohl", sagte Albrecht Glaser (AfD).


Jan Korte im Bundestag (Archivbild): Er ist gegen die Wahlrechtsreform. (Quelle: Uwe Geisler/imago images)

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, warf der Ampel "Arroganz" vor. Sie habe die Änderung kurz vor der Abstimmung einfach so "hingerotzt". Während seiner Rede applaudierten mehrere Abgeordnete der Union. "Ihnen geht es doch vor allem darum, als SPD eine linke Kritik auszuschalten", schimpfte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Gesine Lötzsch. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte, das Problem der Linken sei nicht das Wahlrecht, sondern ihre internen Auseinandersetzungen, vor allem mit der Abgeordneten Sahra Wagenknecht.

Eine Bitte des Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU), die Abstimmung um zwei Wochen zu verschieben, da die kurzfristig vorgelegten Änderungen erheblich seien und viel Beratungsbedarf ausgelöst hätten, wies SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zurück.

Der Bundesrat muss sich auch noch mit dem Gesetzentwurf befassen, kann ihn aber nicht aufhalten.

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Hoffentlich geht das auch gut durch alle nachfolgenden Instanzen. So ein aufgeblähtes Parlament (wir haben übrigens, in Relation zur Einwohnerzahl, eines der grössten Parlamente) braucht kein Land. Vom immensen Kostenfaktor nicht zu schweigen.

[istjagut123]

Mussten die nicht sogar was tun? Hatte das Bundesverfassungsgericht nicht geurteilt das sich was ändern muß?

[Arsene Lupin]

Yupp, mussten die, und werden die auch wieder müssen. Denn die meisten Staatsrechtler sind sich einig, das das zwar alles in die richtige Richtung geht, es aber nicht sein kann , das Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag einziehen.

Skurilles, aber tatsächlich mögliches Szenario:

CSU in Bayern gewinnt dort ALLE Wahlkreise, also 100 %. Gerechnet auf die Republik erhält sie aber, weil nur in Bayern ansässig, 4 % der Gesamtstimmen in Deutschland. Ergebnis = alle siegreichen CSU Kanditaten dürfen nicht in den Bundestag, obwohl alle anderen Parteien in Bayeren nicht einen EINZIGEN Wahlkreis gewinnen konnten.
Mann kann schiedlich friedlich drüber diskutieren, ob es notwendig ist, in Zukunft Leute, wie unsere ehemaligen Verkehrsminister aus Bayern in Berlin im Parlament haben zu wollen, wo sie dann hirnlose, lustigerweise, verfassungswidrige Gesetze beschließen werden und würden, aber von der Sache her sind die Staatsrechtler der Meinung, das geht nicht.

Sie sagen allerdings auch, das man das im Kontext dieses Gesetzes nachjustieren könnte. Dazu müssen sich aber erst mal alle abregen, auf n Teppich runterkommen und aufhören, rumzublöcken, sondern miteinander reden.
Das kann, muss nicht, aber kann helfen. Klagen kann man dann immer noch

[MunichEast]

Die Regelung der 299 Direktmandate bleibt unberührt und es wird nur konsequent die 5 % Hürde umgesetzt. Bisher waren auch drei Direktmandate zwingend notwendig um unter 5 % doch den Einzug zu erreichen. Betrachtet man die letzte Bundestagswahl unter der Reform wären Die Linke und auch die CSU im Bundestag weiter vertreten gewesen.

Ich denke aber eine Partei unter 5 % sollte bundespolitisch nicht relevant sein, auch wenn es so regionale Mehrheitsverhältnisse in Bayern oder Mitteldeutschland nicht widerspiegelt. Die Wahlen zu den jeweiligen Landesregierungen spiegeln in unserem föderalen System die regionalen Mehrheiten wieder und stellen über den Bundesrat eine Berücksichtigung dieses Wählerwillens gegenüber der bundesweiten Wählerentscheidung dar.

[Caplan]

Fuer die CSU wuerde es nicht alleinig eng.
Die Linke waeren auch draussen mit scheibenputzen dran, gehen wir von den dort noch angesiedelten Parteien aus, die mit den Nasenloechern gerade an der Wasserlinie atmen.

[SubFooWer]

Bei manchen Protestlern habe ich das Gefühl, die protestieren nur, wenn es gar nicht mehr geht, die Missstände zu ignorieren.

Hier auch ein schönes Beispiel. Durch das Parteiensystem in Deutschland ist das Parlament eine reine Abnick- und Alimentationsveranstaltung. Wenn die Regierung was beschließt, dann wird das wegen Fraktionszwang seltenst vom Parlament abgelehnt.

Das Parlament hat keine Macht, es dient nur dazu, verdiente Parteisoldaten mit Diäten und Pension zu versorgen.

Was ändert sich jetzt? Es wird nur noch einen Tick offensichtlicher, was immer schon war. Und jetzt gibt es einen Protest, aber der wird bald verrauchen.

Vielleicht besteht ja die Chance, wenn die CSU rausfliegt, dass auch Bayern sich verabschiedet. Das wäre dann eine positive Folge :-)

[MunichEast]

Zitat von SubFooWer

Wenn die Regierung was beschließt, dann wird das wegen Fraktionszwang seltenst vom Parlament abgelehnt.

Das Parlament hat keine Macht, es dient nur dazu, verdiente Parteisoldaten mit Diäten und Pension zu versorgen.

Du solltest Dich vielleicht noch einmal mit der Gesetzgebung in Deutschland beschäftigen, denn Du bist da einem Irrtum aufgesessen. Stichwort Parteien Bundestag und Regierungskoalition.

Vermutlich wäre Dir, so liest sich Dein Beitrag, eine Minderheitsregierung lieber. Eine Regierung ohne eigene gesetzgebende Mehrheit.

[csesraven]

Zitat von Arsene Lupin

Skurilles, aber tatsächlich mögliches Szenario:

CSU in Bayern gewinnt dort ALLE Wahlkreise, also 100 %. Gerechnet auf die Republik erhält sie aber, weil nur in Bayern ansässig, 4 % der Gesamtstimmen in Deutschland. Ergebnis = alle siegreichen CSU Kanditaten dürfen nicht in den Bundestag, obwohl alle anderen Parteien in Bayeren nicht einen EINZIGEN Wahlkreis gewinnen konnten.

Wo ist das skurril? Wenn eine Partei, egal wo in Deutschland unter 5% bleibt ist es doch relativ egal wo sie jetzt was gewonnen hat. Wie klein willst du das ziehen? Eine Partei tritt nur in Buxtehude an und gewinnt ... who cares?

Mir ist dieses 1. und 2. Stimme eh nie sinnvoll erschienen. Es führt nur dazu, dass wir eine Masse an "Politikern" haben, wenn jede Partei sich für die Bundestagswahl 38091121 "Lokal"-Politiker leisten muss um Direktmandate zu bekommen.

Es ginge viel(!) kleiner im Bundestag. Sehr guter Schritt

[parlheinz]

Zitat von csesraven

Es ginge viel(!) kleiner im Bundestag. Sehr guter Schritt

So ist es! Nur bei der Frage, wer schließlich im Bundestag sitzen sollte, da würde ich es doch ziemlich gut finden, wenn eine gewisse Mindestqualifikation die Voraussetzung wäre und die Verkleinerung über diesen Hebel bewerkstelligt werden würde.
Zurzeit sehe ich tatsächlich eine Verfahrensweise, bei der verdiente bzw. erfolgreiche Parteifunktionäre die Posten und Pöstchen unter sich aufteilen, auch wenn sie letztlich in völlig fachfremden Bereichen agieren. Aber es gibt auch eine Ausnahme, das will ich nicht unterschlagen.

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[MunichEast]

Zitat von parlheinz

So ist es! Nur bei der Frage, wer schließlich im Bundestag sitzen sollte, da würde ich es doch ziemlich gut finden, wenn eine gewisse Mindestqualifikation die Voraussetzung wäre ..

Der Bundestag soll die Gesellschaft abbilden und eine Mindestqualifikation würde das verhindern. Grundsätzlich ist die Zahl der Doktortitel erschreckend hoch im Bundestag und ich hege Zweifel das so die Interessen von sozial benachteiligten Bürger*innen gut vertreten werden.

[Neg0]

Inwiefern bilden denn ungelernte, unqualifizierte Studienabbrecher die noch nie von ihrer Hände Arbeit leben mussten auf gut-situierten themenfremden Posten die Gesellschaft wider?

[muavenet]

Zitat von Neg0

Inwiefern bilden denn ungelernte, unqualifizierte Studienabbrecher die [...] Gesellschaft wider?

Das hängt offensichtlich davon ab, wie hoch der Anteil deinesgleichen an der Gesellschaft ist. Umso weniger, umso besser.

[csesraven]

Zitat von Neg0

Inwiefern bilden denn ungelernte, unqualifizierte Studienabbrecher die noch nie von ihrer Hände Arbeit leben mussten auf gut-situierten themenfremden Posten die Gesellschaft wider?

Wie bilden denn 15% Juristen im Bundestag die Bevölkerung ab?

Deutschland kann sich glücklich schätzen, dass wir endlich einen Teil-Ausbruch geschafft haben, aus der immer enger werden Spirale des Jura-Klüngels.

[MunichEast]

Grafik des aktuellen Bundestags...

[Neg0]

Das hängt offensichtlich davon ab, wie hoch der Anteil deinesgleichen an der Gesellschaft ist. Umso weniger, umso besser.

Am besten gleich Lager für "meinesgleichen" aufmachen, oder?

Wie bilden denn 15% Juristen im Bundestag die Bevölkerung ab?

Ich hab nicht erwähnt, dass ich "nur Juristen" befürworte.

Aber Repräsentanten die wenigstens(!) zu Ende studiert haben oder 5 Jahre Qualifikation&Erfahrung in einem Job haben fänd ich irgendwie verträglicher als gefälschte Lebensläufe und Call-Center-Agenten.

Edit: wie definiert man denn "studierte" Abgeordnete?

[muavenet]

Zitat von Neg0

Am besten gleich Lager für "meinesgleichen" aufmachen, oder?

"Lager" gehören zum Politikum von Leuten denen du ideologisch nahe stehst, nicht ich.

[MunichEast]

Zitat von Cerberus2023

Wenn man die Grafik durch ein " haben ihr Studium abgeschlossen" ergänzen würde, würde das halt ganz schnell ganz anders aussehen.

...vielleicht solltest Du meine Grafik noch einmal anschauen. 87 % aller Mitglieder des Bundestags haben ein abgeschlossenes Studium. Warum Du auf abgebrochenen Studien rum reitest ist mir klar, aber es stellt nicht die Mehrheit im Bundestag dar.

[MunichEast]

Zitat von Cerberus2023

Vielleicht solltest du deine Grafik selber mal richtig lesen und nicht etwas hinein interpretieren was dort nicht steht. Du liegst hier nämlich dem Fehler auf "Studierte Abgeordnete" mit "haben ein abgeschlossenes Studium" gleichzusetzen.

Nein, Dir ist ein Denkfehler unterlaufen. Ein studierter Abgeordneter hat ein abgeschlossenes Studium, manche nennen sich dann sogar Akademiker.

[Uwe Farz]

Zitat von Cerberus2023

Und dann unterstellst du ihm aufgrund dieser Aussagen das er ein Nazi ist

Wo denn?
Wo unterstellt er das?
Wo?
Geht ja mal wieder richtig ab mit diesen Neuaccounts.

[MunichEast]

Zitat von Cerberus2023

Lässt interpretationsspielraum würde ich sagen.

Nicht in der realen Welt. Der Begriff "Studierte Abgeordnete" ist eindeutig, es meint [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Falls Du mir nicht glaubst ...

Im frisch gewählten Parlament sitzen 87 Prozent Akademiker[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

[muavenet]

Zitat von MunichEast

Grafik des aktuellen Bundestags...

Hier ([ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]) und hier ([ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]) mal ein Vergleich mit dem US-Congress. Auf Landesebene sieht die Sache in den Red States (GOPnik-Land) natürlich bei weitem schlimmer aus...

[G. Guillaume]

Ich stehe der Verkleinerung des Bundestage z. Zt. noch aufgeschlossen gegenüber. Sollte der Fall eintreten, das die CSU bzw. FDP nicht in den Bundestag einziehen sind automatisch zahlreiche Fehler-/Lobbyistenstellen geschlossen. Wenn das keine Gute Nachricht ist.

[SubFooWer]

Ich meine Cicero, kann aber auch ein anderer Römischer Senator gewesen sein, hat mal gesagt:
"Ich bin nicht vom Volk, aber ich bin für das Volk"

Das ist so zu verstehen: Die Forderung nach Repräsentanz der Eigenschaften der Bürger im Parlament ist Unsinn, und sogar gefährlich, sondern die Repräsentanz der Interessen der Bürger ist wichtig für sozialen Frieden.

[csesraven]

Es ist bezeichnend, welche Accounts sich an den "Abbrechern" aufgeilen, aber seit Jahrzehnten von den Juristen verarscht werden.

Welcher Abbrecher stört euch denn konkret und warum?

[MunichEast]

Den absoluten Treppenwitz hat der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder schon gebracht als er die Wahlrechtsreform als zutiefst undemokratisch bezeichnete. Der Freistaat Bayern hat seit Gründung exakt diese Wahlregelung.