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Warum Frauen selten Amok laufen

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Ungelesen 21.09.10, 15:28   #1
hanspeter77
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Standard Warum Frauen selten Amok laufen

Zitat:
Bluttat von Lörrach

Warum Frauen selten Amok laufen

Die Tragödie in Lörrach ist ein seltener Fall: Der Amoklauf wurde von einer Frau verübt, normalerweise neigen vor allem Männer zu solchen Gewaltausbrüchen. Warum passen Frauen nicht ins klassische Täterprofil? Forscher haben Vermutungen.

Jennifer San Marco war 44 Jahre alt, als sie Amok lief. Eines Morgens Ende Januar im Jahr 2006 erschoss sie ihre Nachbarin mit einer Pistole. Anschließend fuhr die ehemalige Postangestellte an ihren einstigen Arbeitsplatz, erschoss sechs weitere Menschen und nahm sich zuletzt das Leben. Die Bluttat schockierte damals den US-Bundesstaat Kalifornien.

Das gilt wohl auch für den Fall Sabine R. Am Sonntag tötete die 41-Jährige im baden-württembergischen Lörrach ihren Ehemann, ihren fünfjährigen Sohn und später einen Pfleger im benachbarten St. Elisabethen-Krankenhaus. Die Polizei stoppte die Frau schließlich in den Räumen der Klinik mit einem tödlichen Schuss.

Kaum etwas deutete auf die bevorstehende Bluttat hin. Ein Nachbar beschrieb die Juristin als "aufgeschlossen und sympathisch", lediglich lautstarke Auseinandersetzungen zwischen ihr und dem von ihr getrennt lebenden Ehemann könnten Hinweise auf die persönlichen Probleme der Täterin geben.

Wenige Amokläufe von Frauen

Amokläufe von Frauen sind äußerst selten. Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: "Die ermittelten Tatverdächtigen bei Mord und Totschlag sind in der Regel männliche Erwachsene", heißt es etwa im Jahresbericht des Bundeskriminalamts von 2006. Nur 15 Prozent der Täter, die eines Mordes überführt wurden, waren Frauen.

Noch deutlicher sind die Statistiken bei Amokläufen. Es wird geschätzt, dass nur jeder Zwanzigste von einer Frau begangen wird. Von den 120 zuletzt registrierten Amokläufen an Schulen weltweit sind 106 von jungen Männern verübt worden.

Dass wesentlich mehr Männer als Frauen tödliche Gewalt anwenden, ist keine neue Erkenntnis, sondern seit Jahrhunderten in allen Kulturen und Ländern zu beobachten. Doch warum Mädchen und Frauen weitestgehend vom klassischen Profil eines Amokläufers ausgeklammert werden, ist unklar. "Wir wissen nicht, warum Frauen weniger Amoktaten begehen", sagt Geschlechterforscher Klaus Hurrelmann an der Universität Bielefeld im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

Frauen nützten andere Formen, um schwere Probleme zu verarbeiten, sagt der Sozialwissenschaftler. Männer dagegen würden häufiger den Weg "nach außen" suchen. Andere Forscher sind der Meinung, dass auch das klassische Rollenverständnis hinzukommt: Ein Mann reagiert offensiver auf Konflikte - und nicht mit Rückzug.

Mädchen werden gewalttätiger

"Die innere Widerstandsfähigkeit, die Fähigkeit, mit Enttäuschungen und Kränkungen umzugehen, ist bei Frauen wesentlich höher entwickelt. Das heißt, Männer sind bei Beziehungsproblemen, bei Konflikten und Krisen wesentlich verletzlicher und verletzbarer, als Frauen das sind", sagt der Essener Kriminalpsychologe Christian Lüdke. Von daher neigten Männer eher dazu, ihre Aggressionen in Gewalt umzuwandeln, "weil die Gewaltausübung ihr Gefühl von Ohnmacht in ein kurzzeitiges Erleben von Allmacht wandelt."

Jugendpsychiater machen allerdings eine besorgniserregende Beobachtung: Gewalt und Kriminalität vor allem unter Mädchen nehmen zu. Erst im Mai vergangenen Jahres hatte eine 16-Jährige geplant, ihr Gymnasium in Sankt Augustin bei Bonn mit Molotow-Cocktails in Brand zu stecken. Die Tat wurde jedoch vereitelt. Ein Grund für die zunehmende Gewaltbereitschaft bei Mädchen könnte nach Meinung von Psychologen sein, dass sich die Rollenbilder nach und nach angleichen.

Wenn erwachsene Frauen töten, dann am häufigsten den Intimpartner. Auch das ist eine gefestigte kriminologische Erkenntnis aus den Erfahrungen der Vergangenheit. "Damit eine Frau Amok läuft, müssen dem enorme Kränkungen, Demütigungen, Verletzungen vorangegangen sein", sagt Kriminalpsychologe Lüdke. "In der Regel gibt es gestörte Beziehungen über einen sehr sehr langen Zeitraum und letztlich die Unfähigkeit, mit diesen hohen Aggressionen umzugehen."

Auch die Psychologin Justine Glaz-Ocik vom Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt schätzt, dass ein massiver Gewaltausbruch bei Frauen aus verschiedenen psychologischen Notlagen heraus entstehen kann: In einer Depression etwa wird eine belastende Situation als völlig aussichtlos empfunden, und die Tat erscheint der Erkrankten als einziger Ausweg. Wenn Partner und Kind mit in den Tod genommen werden, sprechen Juristen von einem erweiterten Suizid. Das Motiv sei bei Männern und Frauen gleich, sagt Glaz-Ocik. In erster Linie sei es die Sorge des zum Suizid Entschlossenen, was danach mit ihrem Kind oder ihren Kindern passieren würde. "Es ist eine Tat aus Liebe", so die Psychologin.

Im Fall einer massiven Kränkung könne sich ungeheure Wut anstauen und in einem Rache-Akt entladen. Glaz-Ocik erklärte, dieser könne die Personen im engsten Umfeld treffen, aber auch das weitere soziale Umfeld oder sogar die ganze Gesellschaft, die von der Täterin für einen Missstand verantwortlich gemacht wird.

Des weiteren könnte eine Psychose wie zum Beispiel ein paranoider Wahn vorliegen. Die Erkrankten glaubten, dass sie selbst und ihre Angehörige von anderen bedroht werden - durch bestimmte einzelne Personen oder auch eine ganze gesellschaftliche Gruppe wie "die Politiker". Versuche, ihnen klarzumachen, dass dies nur in ihrer Vorstellung existiert, scheitern, wie die Glaz-Ocik erklärt. "Für sie ist es unumstößliche Realität." Vor einer Tat gebe es Warnsignale wie zum Beispiel die Äußerung "Ich hab' nichts mehr zu verlieren".

Welche Hintergründe Sabine R. zu ihrer Bluttat in Lörrach gebracht haben, ist nun Sache der Ermittler. Die extrem geringen Fallzahlen jedenfalls werden es kaum möglich machen, ein charakteristisches Profil der weiblichen Amokläuferin zu erstellen -denn statistisch gesehen, ist Amoklauf reine Männersache.

Mit Material von dpa und dapd
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