[ziesell]

Aus Twitter wird X: Mit der Größe kommt der Größenwahn

Eine Meta-Studie hat ergeben, dass X zum Alphabet gehört. Doch wie lässt sich diese Nachricht noch googeln?

Eine Glosse von Friedhelm Greis



Mit den Namen von Firmen und Produkten ist es wirklich ein Kreuz. Kaum hat man sich daran gewöhnt, dass ein bestimmter Schokoriegel Twix heißt, taucht in Supermarktregalen plötzlich wieder Raider auf. Noch schlimmer wird es allmählich mit den großen IT-Konzernen. Weil sie so groß sind oder es werden wollen, sind einprägsame Bezeichnungen wie Google, Facebook oder Twitter nicht mehr passend. Auch die Konkurrenz sollte sich überlegen, diesem Beispiel zu folgen.

Den Anfang bei diesem Spiel machte Alphabet, das 1998 noch in einer Garage als Google gestartet war. Obwohl der Konzern weiterhin seinen Gewinn fast nur aus der Suchmaschine schöpft, wollte man sich 2015 viel allumfassender aufstellen. Und was passt dazu nicht besser als der Begriff des Alphabets, von Alpha bis Omega oder, wenn es profaner sein soll, von A bis Z. Weil der Name so griffig und eindeutig ist, benutzt ihn praktisch niemand, wenn von dem Konzern gesprochen wird. Glücklicherweise taucht die Firma sogar in der Google-Suche nach Alphabet nicht ganz oben auf.

Ganz schön meta dieser Firmenname

Nicht viel besser ist es mit Meta. Dem alten Gemoll zufolge bedeutet das "inmitten, dazwischen, außerdem" oder auch "hinterher" oder "hernach". Die Metaphysik ist daher klassisch das, was nach der normalen Physik kommt. Mark Zuckerberg will mit Meta nicht nur die physische Welt hinter sich lassen, sondern das angestaubte Image seines ursprünglichen Studentenverzeichnisses, englisch Face Book genannt.

Eine Firma nach einem griechischen Adverb zu benennen, ist dabei nicht viel einfallsreicher als zu glauben, die Menschen wollten nur noch mit einer VR-Brille vor dem Kopf herumrennen. Aber immerhin macht es klar: Zuckerberg will etwas schaffen, was nach der bisherigen menschlichen Lebensweise kommt. Das Tor zu einem neuen, virtuellen Universum weit aufstoßen.

Firma mit X ist vielleicht nix

Was Elon Musk betrifft, so hat die Umbenennung von Twitter in X sicher nichts mit einem neu entstandenen Größenwahn zu tun. Vielmehr ist diese Megalomanie sein Grundprinzip, zu dem er mit dem Namenswechsel wieder zurückkehrt. Schließlich wollte er schon immer mit der Firma X.com die Bankenwelt revolutionieren, was nach der Umbenennung in Paypal teilweise sogar gelungen ist. Nun soll Twitter zu diesem X werden. Die Everything-App, die alles kann. Das Schweizer Taschenmesser unter den Smartphone-Anwendungen.

Ob es aber so eine gute Idee ist, eine Firma nach einem Buchstaben zu benennen? Geht man das Alphabet durch, gibt es nur drei Buchstaben, unter denen eine .com-Domain registriert ist (q, x und z). Immerhin vermeidet man es durch einen solch kurzen Namen, damit irgendeine Aussage über die Firma treffen zu müssen, nicht einmal in Form einer Abkürzung. Das ist im Grunde genommen noch mehr meta als Meta. Ob alle Firmen, die nur aus einem Buchstaben bestehen, automatisch zu Alphabet gehören, wird derzeit von der US-Börsenaufsicht SEC noch geprüft.

Zweifellos lässt sich X noch schlechter googeln als Meta oder Alphabet. In der Golem.de-Suche ist es gar nicht möglich, Begriffe mit nur einem Buchstaben zu suchen. Lässt man das von Google erledigen, kommt man auf fast 50.000 Ergebnisse. Das entspricht mehr als jedem vierten Artikel in der 25-jährigen Geschichte von Golem.de und zeigt, wie beliebt das X in Produkt- und Firmennamen ist. Und wie originell, diesen Buchstaben für die ganze Firma zu nehmen.

Wo bleiben die anderen IT-Konzerne?

Die Umbenennungswelle dürfte auch die anderen IT-Konzerne unter Druck setzen. Amazon, Microsoft und Apple haben ihre Namen seit der Garagengründung im Grunde nicht geändert. Daher sind diese noch viel zu spezifisch. Amazon könnte sich beispielsweise in Liquid oder Stream umbenennen. Oder auch Cloud. Apple in Fruits, Food oder gleich Cash.

Bei Microsoft wird es schon schwieriger. Micro klingt viel zu winzig. Vielen Nutzern fiele wohl Crapsoft oder Ähnliches ein. Vielleicht nennt sich das Unternehmen auch irgendwann komplett in Office um. Das wäre zumindest allgemein und unspezifisch genug. Die entsprechende Domain haben sie sich schon lange gesichert. Microsoft 365 macht schon mal klar, dass man das ganze Jahr nicht von den Produkten in Ruhe gelassen werden soll.

Der Fantasie sind bei Firmennamen keine Grenzen gesetzt. Das heißt aber nicht, dass man unbedingt Fantasie für die Namensfindung verwenden muss. Es reicht offenbar aus, einfach größenwahnsinnig genug zu denken. Den Rest erledigen hoffentlich die Anwälte.

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[Avantasia]

[Melvin van Horne]

Moin,

aus Twitter wird X
sonst ändert sich nix!

Ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Seit mir diese Perle des Flachwitzes eingefallen ist hatte ich Panik, dass mir den hier einer wegschnappt. Sieht so aus, als hätte ich noch einmal Schwein gehabt.