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06.08.24, 09:45
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das Muster ist das Muster
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Schnäppchen oder Restposten? Was wirklich in die Mystery-Boxen von Saturn und MediaMa
Zitat:
Schnäppchen oder Restposten?
Was wirklich in die Mystery-Boxen von Saturn und MediaMarkt kommt
Wundertüten für Erwachsene: Für 40 oder 100 Euro und zum Teil auch mehr verkauft der Elektronikhändler Kisten mit unbekanntem Inhalt, ein Geschäft mit dem Nervenkitzel. Konzern oder Kunde: Für wen lohnt es sich mehr?

Im Erdgeschoss einer Saturn-Filiale in der Kölner Einkaufsmeile: Ein junges Pärchen nähert sich Europaletten mit braunen Kartons unweit des Haupteingangs. Darauf kleben Zettel mit der Aufschrift »Die Saturn Mystery-Box. Die geheimnisvolle Sparbox ist wieder zurück«. Die Boxen haben unterschiedliche Preise, 40 Euro, 100 Euro, 150 Euro. Die junge Frau nimmt einen Karton in ihre Hände, wiegt ihn auf und ab, rüttelt kurz. »Komm jetzt, da ist eh nix drin, was wir brauchen«, sagt ihr Partner. Dann gleiten die beiden über die Rolltreppe daneben ins Untergeschoss, ohne Karton.
Der Inhalt der Mystery-Boxen? Unbekannt, irgendetwas aus dem Sortiment des Elektromarkts. »Der Warenwert entspricht mindestens dem Preis der Box«, sagt Geschäftsführer Gerrit Wöstenfeld, »meistens packen wir aber den zwei- bis dreifachen Warenwert rein«. Gemessen werde das am aktuellen Produktwert, für den die einzelnen Posten im Onlineshop von Saturn angeboten werden.
Kleinhändler nehmen nur mit, was sie weiterverkaufen wollen
Eingeführt hat MediaMarktSaturn die Boxen im Jahr 2020, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Seither stehen sie in vielen MediaMarkt- und Saturn-Filialen. »Während der ersten Coronalockdowns waren die Boxen der totale Renner«, sagt Wöstenfeld. Er führt durch den Laden zu verschiedenen Stapeln der Mystery-Boxen, von der Palette im Eingangsbereich zu denen an der Kasse. »Das ist auch ein beliebter Mitnehmartikel«, sagt Wöstenfeld.
In erster Linie sind es eckige Wundertüten für Erwachsene. Der einzige Tipp, den Wöstenfeld für die Auswahl der Mystery-Box geben könne: »Wenn die Kartons in einer bestimmten Abteilung stehen, sind da in der Regel auch nur Produkte aus den jeweiligen Warengruppen drin«, sagt er. Auf einigen Kartons stehen auch Hinweise wie »Nintendo-Zubehör«, oder ein FSK-Hinweis. »Für Leute, die nicht komplett auf Risiko gehen wollen, ist das zumindest ein Anhaltspunkt.«
Denn die Mystery-Boxen sind vom Umtauschrecht ausgeschlossen. »Das würde ja den Nervenkitzel aus der Idee nehmen«, sagt Wöstenfeld. Er stoppt vor einem kleinen Raum, in dem die Mystery-Boxen gepackt werden.
Überall stehen Kartons und Kisten, gefüllt mit dem Saturn-Sortiment: Ein Smoby Rutscherfahrzeug für Kleinkinder, ein Spiderman-Kopf als Wandleuchte, eine Karaokebox. »In jeder Box befindet sich mindestens ein Highlight-Produkt, dessen Wert oft schon über dem Preis der Box liegt«, sagt Wöstenfeld. »Dazu packen wir dann meistens noch eine Menge anderen Kleinkram.«
Klingt erst einmal nach einem guten Geschäft, wenn jede Box den zwei- bis dreifachen Warenwert des ausgeschriebenen Preises hat. Das locke auch viele Kleinhändler an, die sich ein gutes Geschäft versprechen, erzählt Wöstenfeld. »Es gibt immer wieder Kunden, die die Boxen direkt vor dem Laden öffnen und blitzschnell aussortieren, was man irgendwie zu Geld machen kann, und was sie gar nicht erst mitnehmen«, sagt der Geschäftsführer. Seine Mitarbeiter sammeln regelmäßig liegen gebliebene Artikel aus den Boxen ein, die in der Nähe des Ausgangs zurückgelassen werden, erzählt Wöstenfeld.
Andere wiederum würden die Mystery-Boxen gern als Geschenk kaufen. »Auf einer Party ist das doch auch lustig, wenn man selbst nicht weiß, was den Beschenkten erwartet«, sagt Wöstenfeld. »Und selbst wenn der Beschenkte mit dem ein oder anderen Produkt in der Box nichts anfangen kann, findet sich bestimmt ein Abnehmer unter den anderen Partygästen.«
Auch bei YouTubern beliebt
Eine weitere Zielgruppe: Webvideomacher auf der Jagd nach Klicks. Denn die Mystery-Boxen sind auch ein beliebtes Objekt für sogenannte »Unboxing-Videos«. Und MediaMarktSaturn spielt das Social-Media-Game mit. Es gibt beispielsweise ein Video des YouTubers Torben Platzer, in dem er für 10.000 Euro eine ganze Mystery-Palette kauft und auspackt. Mit dem wichtigen Disclaimer: »Diese Box wurde von MediaMarkt nicht gesponsert, aber natürlich für dieses Video gepackt«, sagt Platzer. Es gehe also eher um Entertainment als um objektive Bewertung. »Geht mal davon aus, dass vielleicht ein zwei Goldstücke drin sind, die normalerweise nicht drin wären.«
Tatsächlich zieht der YouTuber eine Produktperle nach der anderen aus dem mit schwarzem Plastik eingewickelten Stapel: eine Kaffeemühle von Sage, eine Playstation 5, ein iPhone, ein iMac, zwei Fernseher und so weiter. Fazit: ein Gesamtwert von 13.815,31 Euro, heißt es im Video.
Weniger Glück hatten da die YouTuber AbuGoku und DelarueTV, die für ein Video eine ganze Autoladung voll Mystery-Boxen bei Saturn kauften. Was sie bekamen: Druckerpatronen, ganz viel Druckerpapier, Haustelefone, Handyschutzfolien, Lichterketten. Fazit nach den ersten vier Boxen: »Ich bin maximal enttäuscht«, sagt DelarueTV im Video. Und auch nach vielen weiteren Boxen fällt ihr Urteil nicht besser aus. »Kauft diesen Sperrmüll auf gar keinen Fall«, empfiehlt AbuGoku. »Da könnt ihr ja gleich Restposten ankaufen.«
Aber der Nervenkitzel reizt dann wohl doch genug Kunden. Im Schnitt verkaufe die Saturn-Filiale in der Kölner Einkaufsmeile etwa fünf bis zehn dieser Boxen am Tag, sagt Wöstenfeld.
Ein Selbsttest für 100 Euro
Etwa zwei Wochen vor dem Termin mit dem Geschäftsführer habe ich selbst eine Mystery-Box gekauft, ein Test ohne Ankündigung. Ich gehe zu den Europaletten im Eingangsbereich. Auch ich schüttle an verschiedenen Boxen. Ich wähle eine für 100 Euro, in der – so denke ich da noch – nicht ganz so viel Kleinkram durch den Karton bollert. Zu Hause schnappe ich mir ein Messer und schlitze durch den Klebestreifen auf dem Karton.
Mein Highlight-Produkt: Bluetooth-Kopfhörer von LG, wasserdicht für den Sportgebrauch, 117,99 Euro im Saturn-Onlineshop. Na immerhin, denke ich und wühle mich durch den restlichen Kram. Was ich finde, ist ernüchternd: ein Schnurtelefon mit großen Tasten. Vielleicht nützlich, wenn die Augen in 20 Jahren langsam schlechter werden, jedenfalls nichts für mein 30-jähriges Ich. Außerdem ein Displayschutz für das Samsung Galaxy A23 und sechs verschiedene Handyhüllen, für das iPhone 14 Pro, für das iPhone 14 Pro Max, eine in weiß-goldener Marmoroptik für das iPhone 15, eine Echtlederhülle für ein Xiaomi-Handy, eine für das Samsung Galaxy S23 Ultra – keine davon passt auf mein Handy.
Reduzierte oder auslaufende Ware
»Da hatten Sie jetzt natürlich eher Pech, dass Sie mit keiner der Hüllen was anfangen konnten«, sagt Wöstenfeld, als ich ihn zwei Wochen später auf meine Mystery-Box anspreche.
Ich frage, ob die Mystery-Boxen ein eleganter Weg sind, Ladenhüter loszuwerden, die in den Regalen verstauben. Restposten halt, wie der YouTuber AbuGoku meinte. »Natürlich können sich in der Mystery-Box auch mal Produkte finden, die reduziert sind oder bei denen es Überbestände gibt«, sagt Wöstenfeld. »Wir erhalten ständig neue Ware und müssen dafür Platz schaffen. Früher hätten wir die Ware reduziert oder retourniert.«
Er sehe das pragmatisch: »Mit dem Highlight-Produkt kann jeder irgendwas anfangen, oder es verkaufen«, sagt er. Damit lohne sich die Box also schon, alles andere sei Bonus, meint der Geschäftsführer. »Mir ist wichtig, dass die Kunden sich immer wohlfühlen.«
Der Warenwert meiner Mystery-Box betrug circa 340 Euro, wenn ich alle Artikel am selben Tag einzeln im Saturn-Onlineshop gekauft hätte. In der Theorie ein fettes Plus. Doch genau da verläuft der Unterschied zwischen Waren- und Nutzwert. Was mache ich jetzt mit dem Kram? Auf den Flohmarkt gehen und für Klimpergeld um sechs einzelne Handyhüllen feilschen? Eher nicht. Dann lieber verschenken, an Freunde und Verwandte, oder über Instagram. Was dann nicht weggeht, landet wohl in der Mülltonne. Die neuen Bluetooth-Kopfhörer aber nehme ich mal als Anlass, wieder mit dem Joggen anzufangen. Dann hätte sich die Mystery-Box doch noch gelohnt.
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