Zivilrechtliche Seite
Die zivilrechtliche Seite im Filesharing-Bereich hat seit 2005/2006 in Deutschland eine schlagartige Wendung eingenommen, die so wohl keiner vermutet haben dürfte. Bislang war des Rechteinhabern eigentlich nicht möglich, gegen Urheberrechtsverletzer in Tauschbörsen vorzugehen, da diesen die Identität der Filesharer unbekannt war. Mithilfe eines geschickten Konstruktes aus Anti-Piracy-Unternehmen, Anwaltskanzleien, Rechteinhabern und der Instrumentalisierung von Staatsanwaltschaften hat man jedoch ein ur-eigenes deutsches Monster erschaffen. Den Abmahnwahn. Tausende Filesharer in Deutschland haben für angeblich begangene Urheberrechtsverletzungen in P2P-Tauschbörsen sogenannte Abmahnungen erhalten. Laut Wikipedia ist eine Abmahnung "die formale Aufforderung einer Person an eine andere Person, ein bestimmtes Verhalten künftig zu unterlassen. Grundsätzlich sind Abmahnungen für jeden Bereich zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche einsetzbar. Besondere Bedeutung hat die Abmahnung allerdings im Wettbewerbsrecht, im gewerblichen Rechtsschutz und im Arbeitsrecht." Man erkennt rasch, dass Urheberrecht nicht zu den genannten Rechtsbereichen gehört. Der gewerbliche Rechtsschutz tangiert dieses nur am Rande. Die Abmahn-Maschinerie entwickelte sich prächtig. Nachfolgend sei kurz der Ablauf aufgezeigt:
1. Rechteinhaber beauftragt Kanzlei/Anti-Piracy-Unternehmen mit der Jagd nach Filesharern, die dessen Werk tauschen
2. Anti-Piracy-Unternehmen loggt mithilfe einer modifizierten Software Filesharer der Werke des Rechteinhabers
3. Kanzlei erstattet Anzeige gegen die geloggten IP-Adressen
4. Staatsanwaltschaft ermittelt Anschlussinhaber und stellt (in der Regel) das Verfahren ein
5. Kanzlei verlangt Akteneinsicht und gelangt so an Name und Adresse des Filesharer
6. Filesharer erhält Abmahnung mit strafbewährter Unterlassungserklärung sowie einer nicht zu verachtenden Kosten-Note
Dieses Spielchen hat sich tausendfach über die gesamte Bundesrepublik und im Ausland zugetragen. Insbesondere Frankreich und England waren beziehungsweise sind nach wie vor Hochburgen für die entsprechende Problematik. Viel wurde diskutiert und viele juristische Perlen haben sich innerhalb dieses Zeitraumes entwickelt. Fest steht jetzt, nach drei Jahren des Abzockens. Eine modifizierte Unterlassungserklärung an die Kanzlei, in der man sich unschuldig erklärt, das angemahnte Verhalten jedoch auch zukünftig nicht begehen wird, wird versandt. Die Anwaltskosten können beglichen werden, der Schadensersatz wird mit Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung jedoch nicht bezahlt, da dies ein Schuldeingeständnis darstellen würde. Diese Vorgehensweise entwickelte sich jedoch erst nach und nach, so dass viele Abgemahnte am Anfang zahlten oder komplett ignorierten. In der Zwischenzeit hat sich jedoch sehr viel in diesen Bereichen getan.
Durch den Zivilrechtlichen Auskunftsanspruch können die Kanzleien nicht mehr kostenlos an die Adressen der Filesharer gelangen. Jetzt muss ein Richter den Sachverhalt prüfen und den Auskunftsanspruch gegenüber dem Provider genehmigen. Pro IP-Adresse werden hierbei 200 Euro an Gebühren veranschlagt. Infolge dessen erlebt der Abmahnwahnsinn erstmal seit drei Jahren einen erheblichen Dämpfer.
Inzwischen sind aber auch die Altfälle des ersten Jahres wieder ausgegraben worden. Diejenigen, die die Schreiben komplett ignoriert haben, werden jetzt von Inkassounternehmen angeschrieben und aufgefordert, die ausstehenden Zahlungen zu leisten. Hierbei wird inzwischen allgemein empfohlen, solchen Forderungen zu widersprechen.
Tiefergreifende Hilfestellungen zur Thematik leistet der "Verein gegen den Abmahnwahn e.V." sowie zahlreiche Juristen, welche sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht haben. Hervorzuheben wäre in diesem Bereich Rechtsanwalt Dr. Wachs (Hamburg) sowie Rechtsanwalt Solmecke (Köln).